Etwa ein Viertel der Menschen in Deutschland erleidet im Laufe seines Lebens einen behandlungsbedürftigen Schwindel. Bei Menschen über 75 Jahren sind es sogar mehr als 30 Prozent. Die Ursachen sind vielfältig, die Diagnose nicht ganz einfach. Eine neue Schwindel-App könnte Abhilfe schaffen. Für die innovative Applikation wird Dr. Dominik Bless-Martenson für den 1A-Award nominiert.
Schwindel ist keine eigenständige Erkrankung, sondern ein Symptom vieler Grunderkrankungen, oft ist das Gleichgewichtsorgan betroffen. Er kann in Form von wiederkehrenden Anfällen wie auch chronisch anhaltend auftreten. Der Anteil der Betroffenen steigt mit dem Alter. Um die richtige Diagnose zu finden und die passende Therapie zu erstellen, ist häufig der Gang zu mehreren Fachärzten nötig, wie HNO, Neurologe, Augenarzt, Internist, Radiologe oder Orthopäde.
Ursachen vorher individuell auf den Grund gehen
Dabei handelt es sich beim Schwindel um ein sehr häufiges Symptom. Jeder zehnte Patient, der zum Hausarzt geht, klagt darüber. Die Diagnose erfordert zahlreiche Untersuchungen und eine äußerst gründliche und damit zeitaufwändige Anamnese. So mancher Kollege überweist den Patienten zu einem Facharzt.
Eine neuartige Schwindel-App könnte das Problem in Zukunft eingrenzen. Die Macher möchten damit den Ursachen schon vorher individuell auf den Grund gehen – und im Idealfall einen großen Teil der Arztbesuche ersetzen. „Mit dieser digitalen Gesundheitsanwendung wollen wir Betroffenen ganz konkret helfen“, erklärt Dr. Bless-Martenson, Facharzt für HNO-Heilkunde, Uniklinik Tübingen. „Mit der Schwindel-App können die Nutzer bei Schwindelbeschwerden und Gleichgewichtsstörungen eine Selbstanamnese erstellen und mithilfe von Expertenwissen eine Rangliste für mögliche Diagnosen für die Hausärzte abrufen.“ Diese können damit eine finale Diagnose erstellen und eine passende Therapie finden. Dadurch lassen sich oftmals unnötige Arztbesuche und damit verbundene Wartezeiten vermeiden.
Die App besteht aus zwei Modulen: dem Fragemodul und dem Diagnosemodul. Im ersten werden den Nutzern bis zu 15 Fragen zu ihren Beschwerden und ihrer körperlichen Verfassung gestellt. Daraus ergibt sich die Arzt-Info, eine Anamnese für den behandelnden Arzt. Im Diagnosemodul wird den Nutzern eine Rangliste möglicher Diagnosen mithilfe eines Algorithmus bereitgestellt.
Innerhalb eines Jahres fertig und CE-zertifiziert
Dieser wurde über mehrere Jahre hinweg von Experten entwickelt und getestet. Das Diagnose-Modul kann innerhalb der App bei chronischem Schwindel von den Nutzern gekauft werden – aktuell für 19,99 Euro, bei kurzfristigem Schwindel ist die Benutzung der App also vollständig kostenlos. Das Programm gibt es für iOS, Android oder Windows.
Zu den Gründern gehören neben Dr. Bless-Martenson Claus Drueppel – er war mit seiner Agentur nulleins (Berlin) für das Design der App und Marke zuständig – sowie Daniel Fratzscher von Euroweb (Düsseldorf), der die App als Hauptinvestor in finanzieller Hinsicht unterstützte. Die technische Umsetzung führte die Agentur h3ko, Berlin, durch.
Das anspruchsvolle Projekt wurde erst vor einem Jahr gestartet. Dennoch ist die fertige App bereits CE-zertifiziert und seit Mai diesen Jahres auf dem Markt. „In Zukunft streben wir eine Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis an und damit die Möglichkeit, die App vom Arzt auf Kosten der Krankenkassen rezeptieren zu lassen“, sagt Dr. Bless-Martenson.