Histaminintoleranz: Bei Verdacht die Ernährung in drei Stufen anpassen
Die chronische Histaminunverträglichkeit muss man zunächst von einer akuten Intoxikation unterscheiden. Letztere wird fast immer durch zu warm gelagerten Fisch, selten auch durch Käse ausgelöst. Eine weitere wichtige Differenzialdiagnose ist das Mastzell-Aktivierungssyndrom.
Histamin entsteht bei der mikrobiellen Fermentation
Die Histaminintoleranz kann vielfältige Symptome verursachen – von Gesichtsrötung und Juckreiz bis zur Diarrhö (s. Kasten), wobei die Ausprägung von der aufgenommenen Menge abhängt. Die Bildung von Histamin findet in Nahrungsmitteln, die mit Pilzen oder Bakterien fermentiert wurden, statt. Dazu zählt Geräuchertes (Fleisch, Fisch) ebenso wie gereifter Käse, Sauerkraut und alkoholische Getränke, schreibt Diätassistentin Ulrike Och von der Universitätskinderklinik Münster.
Potenzielle Unverträglichkeitszeichen
- Kopf: Kopfschmerz, Migräne, Schwindel
- Herz-Kreislauf-System: Hyper- und Hypotonie, Tachykardie, Arrhythmien
- Haut: Flush, Erythem, Exanthem, Ekzem, Juckreiz
- Gastrointestinaltrakt: abdominale Schmerzen, Meteorismus, Diarrhö, Obstipation, Nausea/Vomitus
- Respirationstrakt: nasale Kongestion, Dyspnoe, Asthmasymptome
- Menstruation: Zyklusstörungen, Dysmenorrhö
Blutspiegel helfen diagnostisch nicht weiter
Die mangelnde Reproduzierbarkeit passt nicht zu einer isolierten Intoleranz. Möglicherweise richtet sich die Unverträglichkeit auch gegen andere biogene Amine wie Tyramin oder Phenylethylamin. Diese können in histaminreichen Nahrungsmitteln ebenfalls vermehrt vorkommen und konkurrieren im Körper mit Histamin um das abbauende Enzym Diaminoxidase. In der Praxis lassen sich die Symptome oft nicht eindeutig auf bestimmte Lebensmittel zurückführen, betont die Diätassistentin. Dies liegt u.a. daran, dass der Histamingehalt nicht nur je nach Ausgangsware und Herstellung schwankt, sondern durch Lagerung und Reifung zunimmt. Außerdem treten die Beschwerden mitunter erst geraume Zeit nach dem Verzehr auf. Erhöhte Histaminspiegel im Blut helfen diagnostisch nicht weiter. Denn diese können ebenso gut auf einer vermehrten Freisetzung aus Mastzellen beruhen. Auch andere Nachweisverfahren haben sich bisher nicht als zuverlässig erwiesen. Es gibt allerdings Patienten, die ihre Symptome relativ sicher konkreten Nahrungsmitteln zuordnen können. Diesen Betroffenen hilft es, von der Hypothese einer Unverträglichkeit ausgehend individuelle Ernährungsempfehlungen zu erarbeiten. Das Vorgehen ist dreistufig:- In der Karenzphase wird geklärt, ob zwischen Kost und Symptomen ein Zusammenhang besteht. Um ihn zu ermitteln, soll der Patient 14 Tage lang alle potenziell unverträglichen Speisen und Getränke meiden.
- Während der anschließenden sechswöchigen Testphase prüft der Betroffene, was ihm tatsächlich Beschwerden bereitet. Dazu führt er Schritt für Schritt neue Nahrungsmittel in seinen Speiseplan ein und dokumentiert etwaige Symptome in einem Tagebuch. Zu bedenken ist dabei, dass kleine Histamindosen oft gut toleriert werden. Die Unverträglichkeit macht sich erst bei größeren Mengen bzw. der Kombination mit anderen problematischen Produkten bemerkbar.
- Wie sich der Speisezettel in der Dauerernährung zusammensetzt, hängt von der individuell ermittelten Toleranz ab. Allgemeingültige Empfehlungen für die langfristige Ernährungsweise gibt es nicht.
Was es in der Karenzphase zu meiden gilt
- alkoholische Getränke (vor allem Rotwein)
- Käse (insbesondere lang gereifte Sorten)
- Salami, Rohwürste, Rohschinken
- Fisch (vor allem Konserven)
- Nüsse
- kakaohaltige Lebensmittel
- Tomaten, Sauerkraut, Spinat
- Zitrusfrüchte, Kiwis, Erdbeeren
Quelle: Och U. Ernaehrungs Umschau 2021; 68: 21-28