Klimawandel Hitze und Luftverschmutzung haben auch gastroenterologische Konsequenzen
Inzwischen sind die gesundheitsbezogenen Folgen der Klimaveränderungen auch in Deutschland offensichtlich. Die meisten der niedergelassenen Ärzte nehmen die entsprechenden Symptome bei den von ihnen betreuten Menschen heute schon wahr, schreibt eine Autorengruppe um Dr. Jens Walldorf vom Universitätsklinikum Halle. Das mache die Klimakrise auch hierzulande zu einem essenziellen, die Zukunft mitbestimmenden medizinischen Thema.
Flüssigkeitsresorption ist bei manchen Krankheiten gestört
Unter den Patienten mit einer gastroenterologischen Erkrankung sind vor allem diejenigen mit einer gestörten Flüssigkeitsresorption des Darmes von extremen Wetterereignissen und insbesondere von Hitzewellen gefährdet. So können zum Beispiel Menschen nach einer Darmresektion, mit Kurzdarmsyndrom oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen die enteralen Flüssigkeitsverluste während starker Hitze teilweise nicht ausgleichen. Die Rate der Klinikeinweisungen steigt für diese Patienten nicht nur bei Hitzewellen an, sondern auch bei langfristig schlechter Luftqualität.
Rund 14 Tage nach einer Phase mit sehr hohen Temperaturen lassen sich gehäuft infektiöse Gastroenteritiden wie Salmonellen- oder Campylobacterinfektionen feststellen. Dies könnte zum einen daran liegen, dass die Wärme günstige Wachstumsbedingungen für die Krankheitserreger schafft, zum anderen schwächen die anhaltend hohen Temperaturen das Immunsystem. Auch Hochwasser und Überschwemmungen begünstigen naturgemäß Infektionskrankheiten.
Hitze in Verbindung mit erhöhten Konzentrationen von Kohlenstoffmonoxid und lungengängigem Feinstaub sowie anderen Schadstoffen verstärken die Symptome einer gastroösophagealen Refluxerkrankung. Darüber hinaus könnte die Luftverschmutzung mit gastrointestinalen Blutungen bei peptischen Ulzera assoziiert sein.
Weiterhin scheint es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und Magenkarzinomen zu geben. So zeigte eine Untersuchung aus Europa, dass die langfristige Exposition gegenüber schwefelhaltigem Feinstaub mit dem gehäuften Auftreten von Magenkarzinomen assoziiert ist. Andere Studiendaten deuten darauf hin, dass eine schlechte Luftqualität auch das Risiko für Kolonkarzinome erhöhen könnte.
Ein anderer Aspekt ist, dass die Klimaveränderungen zu einem Preisanstieg bei hochwertigen Nahrungsmitteln führen könnten. In der Folge dürften die Verbraucher vermehrt zu kostengünstigen Produkten greifen, die oft hochkalorisch und stark verarbeitetet sind. Dies begünstigt das Auftreten von Adipositas und damit von Fettleberhepatitis, nicht-alkoholischer Fettlebererkrankung und hepatozellulären Karzinomen.
Gesunde Ernährung und Bewegung bieten Schutz
Darüber hinaus kann Extremhitze schwere Schäden an der Leber bis hin zum akuten Leberversagen verursachen. Nicht zuletzt beeinflusst der Klimawandel die Ausbreitung von parasitären, vektorübertragenen und infektiösen Erkrankungen sowie die Entstehung von Zoonosen.
Zu den wichtigsten individuell umsetzbaren Maßnahmen zum Schutz vor den gesundheitlichen Auswirkungen der Klimakrise zählen allem voran eine gesunde Ernährung und ausreichende körperliche Bewegung. Zudem spielt eine angemessene Hygiene, etwa beim Lagern und Zubereiten von Lebensmitteln, eine wichtige Rolle bei der Prävention. Patienten mit eingeschränkter Darmfunktion benötigen außerdem eine gezielte Beratung zum Verhalten bei Hitze.
Für Menschen, die empfindlich auf schmutzige Umgebungsluft reagieren, ist ein Blick auf den Luftqualitätsindex empfehlenswert, um angemessen auf kurzfristig hohe Feinstaubbelastungen reagieren zu können. Dieser Wert kann über digitale und analoge Medien wie den Wetterbericht oder Wetter-Apps abgerufen werden. In vielen Fällen enthält der Bericht auch einfach formulierte Verhaltensempfehlungen.
Quelle: Walldorf J et al. Z Gastroenterol 2023; 61: 1608-1617; DOI: 10.1055/a-2058-8883
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