Sklerodermie Kampf der Nierenkrise
Die autoimmunbedingte Bindegewebsvermehrung macht Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) nicht nur an der Haut zu schaffen. Regelmäßig sind auch innere Organe wie Lunge und Nieren oder der Magen-Darm-Trakt betroffen, schreiben Dr. Fedaey Abbas von der University of Liverpool und Kollegen. Dabei führt die diffuse kutane systemische Sklerose (dcSSc) häufiger zu schwereren Organmanifestationen als die limitierte Form (lcSSc).
Die skleroderme renale Krise (SRK) kommt bei etwa 2 bis 15 % der SSc-Patienten vor und gehört damit zu den eher seltenen Komplikationen der Erkrankung. Folgende Merkmale kennzeichnen die SRK:
- akuter, neu aufgetretener, meist symptomatischer Blutdruckanstieg (> 140/90 mmHg oder > 30 mmHg Anstieg)
- erhöhtes Serumkreatinin
- Oligurie oder Anurie
- mikroangiopathische hämolytische Anämie (MAHA) bei etwa der Hälfte der Patienten
Die Nierenkrise entwickelt sich häufiger bei der diffusen als bei der limitierten Form (siehe Kasten), und zwar vornehmlich bei Patienten mit frischer und rasch voranschreitender Erkrankung in den ersten drei bis fünf Jahren.
Eine Frage des Typs: limitiert oder diffus?
- Die häufigere limitierte Form (lcSSc), bei der sich die Sklerosierung vor allem an den Akren, an Ellenbogen, Knien und im Gesicht manifestiert. Die inneren Organe sind erst spät betroffen.
- Die diffuse Form (dcSSc) ist seltener. Sie zeichnet sich durch ein schnelles Fortschreiten, den Befall der gesamten Haut und eine frühe Organbeteiligung aus. Mögliche Folgen sind: Lungenfibrose, pulmonale Hypertonie, gastrointestinale Funktionsstörungen, skleroderme renale Krise (SRK).
- neu diagnostizierte Anämie
- Perikarditis, Herzinsuffizienz oder andere kardiale Manifestationen
- schnelle Zunahme der Hautdicke
- Zeichen der systemischen Entzündung wie Gelenkschmerzen, Synovitis, Sehnenreiben
- Kontrakturen der großen Gelenke
Oder ist’s doch was anderes?
- Lupusnephritis
- thrombotisch-thrombozytopenische Purpura
- Glomerulonephritiden, vornehmlich: rasch progrediente Glomerulonephritis (RPGN), ANCA-assoziierte Glomerulonephritis
- Goodpasture-Syndrom
- medikamenteninduzierte Nephropathie (D-Penicillamin, Cyclosporin)
- Nierenarterienstenose
- Sepsis
ACE-Hemmer in der Krise verbessern das Outcome
Das Behandlungsziel ist klar: Der Blutdruck muss runter. Dafür setzt man in der akuten Situation primär ACE-Hemmer ein. An zweiter Stelle folgen Kalziumkanalblocker, Angiotensin-Rezeptorantagonisten und schlussendlich Alphablocker. Die Aufnahme der ACE-Inhibitoren in die Therapie der sklerodermen Nierenkrise konnte das Outcome der Betroffenen deutlich bessern. So erholten sich den Daten einer Studie zufolge, in der 145 Patienten entsprechend behandelt wurden, 61 % so weit, dass sie lediglich eine gewisse Zeit eine Hämodialyse benötigten (23 %) oder ganz ohne das Gerät auskamen (38 %). Wird bei der SRK eine Dialysebehandlung notwendig, ist das Outcome der Patienten oft schlecht. Doch anders als bei den sonstigen Nierenerkrankungen haben etwa 25 % der Betroffenen die Chance, dass sich ihre Organfunktion innerhalb von 18 Monaten deutlich bessert. Aus diesem Grund soll eine Nierentransplantation auch erst nach zwei Jahren erwogen werden. Insgesamt schätzen die Experten, dass etwa die Hälfte der SSc-Patienten mit renaler Krise auf lange Sicht eine Nierenersatztherapie benötigt. Dazu gehört neben der Dialysebehandlung auch die Organtransplantation. Während diese früher bei SRK-bedingter terminaler Niereninsuffizienz häufig schlechte Ergebnisse brachte, sind die Resultate der letzten Jahre ermutigend. So betrug in einer Studie aus dem Jahr 2017 das Patientenüberleben ein, drei und fünf Jahre nach der Organverpflanzung 100 %, 90,3 % bzw. 82,5 %.Bei chronischem Hochdruck Kalziumkanalblocker
Auch wenn sich eine renale Krise heute besser beherrschen lässt als früher und die Nierentransplantation bei SRK-Patienten inzwischen gute Ergebnisse zeigt – wünschenswert ist natürlich, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen. Dafür geben die Autoren folgende Empfehlungen:- Die Patienten sollten regelmäßig und eigenständig ihren Blutdruck kontrollieren. Bei wiederholten Werten > 140/90 mmHg sollte der Arzt aufgesucht und das Serumkreatinin ermittelt werden. Nötigenfalls erfolgt eine Klinikeinweisung.
- Bei entsprechenden Risikofaktoren haben regelmäßige Kontrollen von Serumkreatinin und Urin zu erfolgen.
- Glukokortikoide sind so niedrig wie möglich zu dosieren.
- Ein Bluthochdruck sollte möglichst mit Kalziumkanalblockern eingestellt werden. ACE-Hemmer vor einer renalen Krise scheinen das Mortalitätsrisiko von dcSSc-Patienten zu erhöhen.
Quelle: Abbas F et al. World J Transplant 2021; 11: 372-387; DOI: 10.5500/wjt.v11.i9.372