Diabetes Karriere geht oft auf Kosten der Blutzuckerkontrolle
Etwa ein Drittel der Menschen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes haben aufgrund ihrer Erkrankung mehr Stress. Und das wirkt sich direkt auf die Stoffwechseleinstellung aus, betonte die Diabetes Fachpsychologin Eva Küstner: Je höher das Stress-Niveau, desto höher der HbA1c. Insbesondere im Beruf scheint Stress eine nicht zu vernachlässigende Größe zu sein. In kaum einem der bekannten Fragebogen wird jedoch explizit nach Stress am Arbeitsplatz gefragt.
Eine Studie aus Irland hat Interviews mit Typ-1-Diabetikern zwischen 23 und 30 Jahren zu arbeitsassoziierten Problemen ausgewertet. Die Berufe der Teilnehmer ließen sich grob den Sektoren Finanzen (Banken), Technologie und Verwaltung zuordnen. Alle empfanden das Diabetesmanagement am Arbeitsplatz als schwierig und vernachlässigten es dort. Als Gründe wurden vor allem drei Punkte genannt:
- Zeitdruck,
- wechselnde Arbeitsanforderungen oder -umgebung ohne routinemäßige Abläufe und
- fehlende Rückzugsorte.
Für eine englische Studie wurden Typ-1- und auch einige nicht insulinpflichtige Typ-2-Diabetiker gefragt, mit welcher Unterstützung sie am Arbeitsplatz rechnen können. Alle antworteten, dass sie sich um alles selbst kümmern müssten. Vorgesetzte und Kollegen verstünden nicht, was Diabetes bedeutet.
Offen über die Erkrankung reden
Den Chef interessiert’s nicht, die Kollegen haben Vorurteile
Einige äußerten enttäuscht, dass sie meist nur auf Desinteresse gestoßen seien, als sie die Diagnose dem Arbeitgeber mitgeteilt hätten. Auch die Erfahrung von Diskriminierung durch Kollegen haben einige gemacht. Unterstützung erwarten sie deshalb gar nicht. Viele zweifelten daran, dass es überhaupt Sinn macht, sich als Diabetiker zu outen. Befragt, wie sie ihren Diabetes während der Arbeit managen, nannten alle als Hauptziel, Arbeitsunterbrechungen unbedingt zu vermeiden. Drei Viertel der Befragten halten ihren Blutzucker deshalb absichtlich höher, um ja keine Hypoglykämie zu riskieren. Eine Erhebung in Finnland ergab, dass sich 70 % der Typ-1-Diabetiker mindestens ab und zu Sorgen machen, ihre Arbeit wegen des Diabetes nicht mehr ausüben zu können. Zudem erschöpft es sie, Erkrankung und Arbeit in Einklang bringen zu müssen. Betroffene stecken folglich in dem Dilemma, den Diabetes gut managen zu wollen, aber auch ein zuverlässiger Arbeitnehmer zu sein. Letzteres behält auf Kosten der Diabeteskontrolle meist die Oberhand. Beides könnte jedoch durch den Einsatz moderner Technologien miteinander vereinbart werden, betonte die Diplompsychologin. Zudem lässt sich der arbeitsbezogene Disstress durch soziale Unterstützung mindern. Diese erfolgt zu einem gewissen Teil auch durch den Arzt. Beispielsweise kann in der Diabetesberatung aktiv nach den Belastungen bei der Arbeit und dem Krankheitsmanagement während der Arbeitszeit gefragt werden. Man sollte Verständnis für die geäußerten Probleme zeigen und positives Feedback für Bemühungen geben sowie den Zuckerkranken vielleicht auch dazu motivieren, Dinge auszuprobieren. Welche Möglichkeiten zur Veränderung der Patient selbst sieht, ist im Idealfall ebenfalls ein Teil dieses Gesprächs. Sozialen Support bietet außerdem die Teilnahme an Schulungsgruppen mit gleichermaßen Betroffenen.Quelle: 55. Kongress der DDG*
* Deutsche Diabetes Gesellschaft; Online-Veranstaltung