Geriatrie Liquordiagnostik bei Gangstörungen: Ein Thema für Fortgeschrittene
Zur Abklärung von Gangstörungen bei älteren Menschen kann auch die Liquordiagnostik gehören. Dabei gilt es einige Fallstricke zu beachten, wie Dr. Roland Nau vom Geriatrischen Zentrum am Evangelischen Krankenhaus Göttingen-Weende erklärte.
Wichtige neurologische Ursachen für Gangstörungen im Alter sind Polyneuropathien, spinale Engpasssyndrome, Normaldruckhydrozephalus und entzündliche ZNS-Erkrankungen. Zu den häufigsten Indikationen für Liquoruntersuchungen gehören in der Geriatrie Polyneuropathien und Normaldruckhydrozephalus. Das Problem: Bei älteren Menschen gibt es unspezifische Liquorveränderungen, die bei jüngeren als pathologisch gelten würden. So findet man z.B. häufig eine Laktaterhöhung, ohne dass eine meningeale Entzündung vorliegt. Erhöhte Leukozyten- und Erythrozytenzahlen sind dagegen auch im Alter immer pathologisch.
Bei einer Stenose kommt es auf die Punktionstelle an
Der Albumin-Quotient ist im Liquor bei Älteren häufiger und stärker erhöht als das Gesamteiweiß, was meist auf einer Mangelernährung beruht. Bei Verdacht auf eine chronische idiopathische demyelinisierende Polyneuropathie (CIPD), wo der Quotient sonst hilft, bringt der Liquor daher oft nicht viel weiter – die Diagnose erfolgt zumeist elektrophysiologisch. Eine spinale Enge kann eine CIPD vortäuschen, wenn der Liquor kaudal der Stenose entnommen wird.
Die Gangstörung zählt auch zu den Kardinalsymptomen des Normdruckhydrozephalus (NPH). Typisch für ihn ist der progrediente schleichende Verlauf, ein Alter über 40 und begleitende Symptome wie kognitiv-motorische Defizite oder Blasenstörungen. Im zerebralen CT oder MRT sieht man eine Ventrikelvergrößerung, schmale Parietal-Sulci und typischerweise einen Corpus-callosum-Winkel unter 90°.
Ein weiterer wichtiger diagnostischer Hinweis ist die Besserung der Symptomatik zwei Stunden nach Ablassen von Liquor (Spinal Tap). Als bester Parameter hierfür gilt die maximale Ganggeschwindigkeit, die vor und nach der Entlastungspunktion anhand der Schrittzahl in einer bestimmten Zeit gemessen wird. Eine mindestens 20%ige Besserung weist auf einen NPH. Neuropsychologische Tests eignein sich zur Diagnose dagegen nicht.
Nach Anlage eines ventrikulo-peritonealen Shunts aufgrund eines NPH darf man bei einer nachfolgenden Liquoruntersuchung nicht erschrecken. Man findet extrem hohe Liquoreiweißwerte – genauso wie bei sehr engem Spinalkanal oder der versehentlichen Punktion von Zysten. Blutbeimischungen im Liquor nach „blutiger“ Punktion können eine Immunglobulinsynthese vortäuschen.
Quelle: 33. Jahrestagung der DGG*
* Deutsche Gesellschaft für Geriatrie e.V.; Online-Veranstaltung