Erst impfen, dann reisen Masern, Tetanus und Pertussis nicht vergessen!

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Das Impfprogramm sollte spätestens zwei Wochen vor Antritt der Reise abgeschlossen sein. Das Impfprogramm sollte spätestens zwei Wochen vor Antritt der Reise abgeschlossen sein. © Pixi - stock.adobe.com

Eine anstehende Reise ist immer ein guter Grund für eine Impfberatung. Dabei ist auch der aktuelle Impfschutz zu überprüfen. Denn je nach Ziel sind z.B. Impfungen gegen Masern oder Poliomyelitis nicht nur sinnvoll, sondern sogar vorgeschrieben.

Die von der STIKO empfohlenen Standard- und Indikationsimpfungen sind grundsätzlich auch für jede Reise wichtig – auch wenn das länderspezifische Infektionsrisiko sehr unterschiedlich sein kann, heißt es in den neuen Empfehlungen der STIKO und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit (DTG). Weil es überall zu Verletzungen kommen kann, sollte der Tetanusschutz geprüft und ggf. aufgefrischt werden. Die Diphtherie tritt in manchen tropischen und subtropischen Ländern sowie den Nachfolgestaaten der Sowjetunion (GUS) noch endemisch auf. Die Impfung ist von besonderer Bedeutung vor Langzeitaufenthalten und wenn das Antitoxin vor Ort eventuell nicht verfügbar ist. Bei vollständiger Grundimmunisierung genügt eine Auffrischung nach zehn Jahren. 

Die Pertussis wird auf Reisen zwar nur selten akquiriert, tritt aber vermehrt bei Mekka-Pilgern auf. Auch die Masernprotektion ist relevant, denn in fast allen Ländern der Welt besteht noch ein Infektionsrisiko. Zur Pneumokokkenimpfung wird geraten, weil die im Ausland erworbenen Erreger häufig eine Antibiotikaresistenz aufweisen. Ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht auch hier bei Massenveranstaltungen. 

Unverträglichkeit von Impfstoffen

Allergische Reaktionen nach Impfungen mit gesicherter Kausalität treten nur selten auf. Noch geringer ist die Inzidenz lebensbedrohlicher Anaphylaxien (0,2 bis 1,5/Mio. Dosen). Ein erhöhtes Risiko für allergische Typ-I- und Typ-IV-Reaktionen tragen Patienten mit vorheriger Sensibilisierung gegen Impfstoffbestandteile. Vor allem bei Gelbfiebervakzinen ist Hühnereiweiß von Belang. Eine Arthus-Reaktion durch Antigen-Antikörper-Komplexe wird manchmal bei wiederholten Tetanusimpfungen gesehen.

Gelbfieberimpfung in einigen Ländern obligat

Außerdem ist bei der Beratung zu klären, ob Vakzinierungen vorgeschrieben sind: Einen Nachweis der Gelbfieberimpfung verlangen einige Länder von allen Einreisenden, die älter als neun Monate sind. Andere Staaten tun dies nur bei der Einreise oder bei einem länger als zwei Stunden dauernden Transit aus einem Land, in dem Gelbfieber endemisch ist. 

Saudi-Arabien besteht auf dem Nachweis einer aktuellen quadrivalenten Meningokokkenimpfung bei Teilnehmern von Pilgerreisen (Hadj, Umrah) im Alter ab zwei Jahren. Je nach Vakzin darf die Anwendung nicht länger als drei bis fünf Jahre zurückliegen. Auch manche Staaten des afrikanischen Meningitisgürtels bestehen auf einer Impfung. Am besten trägt man die Merkmale des Vakzins in englischer Sprache in den Impfausweis ein (z.B. meningococcal quadrivalent conjugate vaccine). Manche Staaten fordern auch eine aktuelle Poliomyelitisimpfung, die Liste wird von der WHO regelmäßig aktualisiert. Einige Pazifikinseln darf man nur mit Nachweis einer Masernimpfung bzw. -immunität betreten.

Regeln zur Kostenerstattung

Vakzinierungen wegen beruflicher Auslandsreisen sind über den Arbeitgeber erstattungsfähig. Zudem haben GKV-Versicherte Anspruch auf Leistungen, wenn die Reiseimpfungen durch Beruf, Ausbildung oder Studium bedingt sind und die von der STIKO empfohlenen Vakzinierungen in die Schutzimpfungsrichtlinie des G-BA übernommen wurden. Für private Auslandsreisen bezahlen viele Kassen die Impfkosten auf freiwilliger Basis, heißt es in den Empfehlungen der STIKO.

In Einzelfällen kann eine serologische Kontrolle vor der Reiseimpfung sinnvoll sein, um eine bereits bestehende Immunität nachzuweisen (z.B. Hepatitis A und B). Kandidaten dafür sind Personen aus Hochrisikoländern oder mit „Gelbsucht“ in der Anamnese. Die Maßnahme sollte unter Berücksichtigung der entstehenden Kosten mit dem Ratsuchenden besprochen werden. Erfolgskontrollen nach der Impfung sind meist nicht erforderlich, Ausnahmen bestehen jedoch eventuell bei beruflicher Indikation oder Immundefizienz. 

Hepatitis A hat eine Inkubationszeit von mehreren Wochen. Deshalb kann die erste (monovalente) Dosis kurz vor der Ausreise bei einer Ansteckung im Zielland noch vor der Erkrankung schützen. Allerdings sollte im Mindestabstand von sechs Monaten eine zweite Dosis verabreicht werden. Schnellimpfschemata sind auch für Hepatitis B, Japanische Enzephalitis und FSME zugelassen. Sie werden aber nicht für alle Reisenden empfohlen und erfordern für einen lang anhaltenden Schutz teilweise zusätzliche Dosen.

Das Impfprogramm sollte spätestens zwei Wochen vor Reisebeginn abgeschlossen sein, um eine ausreichende Immunität zu gewährleisten. Totimpfstoffe können in jedweder Kombination am selben Tag verabreicht werden. Anders bei Lebendvakzinen: Wenn vor der Abreise genügend Zeit bleibt, rät die STIKO, mehrere Impfstoffe nicht am selben Tag, sondern mit einem (Mindest-)Abstand von vier Wochen zu applizieren. Ist dies nicht möglich, können zwei Lebendimpfstoffe auch am gleichen Tag, aber in verschiedene Gliedmaßen injiziert werden. Eine Ausnahme bildet die orale Typhusimpfung, sie darf man mit anderen Lebendimpfstoffen kombinieren. Das Mischen mehrerer Vakzine in einer Spritze mit gemeinsamer Verabreichung ist medizinrechtlich nicht erlaubt.

Quelle: STIKO et al. Epid Bull 2024; 14; 1-206; DOI: 10.25646/12006