Bauchspeicheldrüsenkrebs Mikrobielle Signatur korreliert mit dem Vorliegen von Pankreastumoren
Adenokarzinome der Bauchspeicheldrüse stellen zwar relativ seltene Tumoren dar, sie weisen aber eine der höchsten Letalitätsraten aller onkologischen Erkrankungen auf. Die hohe Sterblichkeit resultiert unter anderem aus der meist späten Diagnose, die derzeit in der Regel mittels bildgebender Verfahren erfolgt.
Bisher fehlen Biomarker für Screening und Diagnose
Da der Krebs in frühen Stadien kaum Symptome verursacht, ist er in den meisten Fällen bereits fortgeschritten, wenn er entdeckt wird. Bemühungen zur früheren Detektion hatten bisher nur wenig Erfolg. Das CA19-9-Antigen ist bislang der einzige Biomarker. Dieser wird allerdings aufgrund seiner geringen Spezifität nur zur Überwachung und nicht zum Screening oder zur Diagnose verwendet.
Neben einer Reihe bekannter Risikofaktoren wie Alter, chronische Pankreatitis, Diabetes mellitus, Übergewicht, Asthma, bestimmte Blutgruppen und Lebensstil, haben in den vergangenen Jahren auch Veränderungen im Mikrobiom Aufmerksamkeit erregt (s. Kasten). Unklar ist, wie sich die Erkenntnisse in klinische Anwendungen umsetzen lassen könnten, etwa im Sinne von mikrobiellen Signaturen, die zur Früherkennung eines Bauchspeicheldrüsenkarzinoms genutzt werden könnten.
Hinweise für die Verbindung von Mikrobiom und Pankreaskrebs
Es scheint einen Zusammenhang zwischen der Mundflora, schlechter Mundhygiene sowie Parodontitis einerseits und einem erhöhten Risiko für ein Pankreaskarzinom andererseits zu geben. Ähnliches gilt offenbar für die Darmflora. Die menschliche Bauchspeicheldrüse beherbergt ein Mikrobiom mit einigen Spezies, die auch in Mund und Verdauungstrakt zu finden sind. Die genaue Komposition ist aber aufgrund möglicher Kontamination während der Probennahme nicht ganz geklärt. Im Mausmodell gibt es jedoch starke Hinweise auf eine ätiologische Rolle von Darmbakterien bei der pankreatischen Karzinogenese und der Progression der Erkrankung.
Dieser Aufgabe nahm sich nun eine Arbeitsgruppe um Dr. Ece Kartal vom Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie in Heidelberg an. Die Forschenden untersuchten dazu eine spanische Kohorte, bestehend aus:
- 57 Patient:innen mit neu diagnostiziertem und noch nicht behandeltem Pankreaskarzinom,
- 29 Personen mit chronischer Pankreatitis und
- 50 bezüglich Alter und anderen Variablen gematchten Kontrollen.
Von ihnen wurden Speichel, Faeces und Gewebeproben mithilfe hochentwickelter Methoden des Next Generation Sequencings auf die Anwesenheit einer Vielzahl von Keimen untersucht.
Die Wissenschaftler:innen konstruierten aus 27 Bakterienarten im Stuhl einen metagenomischen Classifier, der mit dem Vorliegen eines Bauchspeicheldrüsentumors korrelierte – und zwar unabhängig davon, ob es sich um frühe oder späte Stadien handelte. Ein Wert von 0,84 der AUROC* weist bereits auf eine hohe Spezifität dieses Zusammenhangs hin; durch die Hinzunahme des CA19-9-Antigens konnte er auf 0,94 erhöht werden.
Auch im Vergleich mit 25 metagenomischen Studienpopulationen verschiedener Erkrankungen, die insgesamt fast 6.000 Patientinnen und Patienten umfassten, erwies sich die Signatur als hochspezifisch für diesen Tumor. Beide mikrobiombasierten Modelle (mit und ohne CA19-9) hatten zudem in einer deutschen Kohorte von 44 Erkrankten mit Pankreaskarzinom und 32 gesunden Kontrollen eine hohe Vorhersagegenauigkeit. Anhand weiterer Sequenzierungs- und In-situ-Hybridisierungsanalysen wiesen die Forschenden mehrere der im Stuhl identifizierten Bakterienspezies auch in Pankreasgewebe nach – mit und ohne Tumor.
Möglicher Ansatz zur Prävention
Diese mikrobielle Signatur könnte den Autor:innen zufolge das Potenzial für eine kosteneffektive Screening- und Monitoring-Methode für Bauchspeicheldrüsenkrebs besitzen. Angesichts der tierexperimentellen Befunde zur Rolle von Mikroben in der Karzinogenese des Tumors eröffnen sich damit möglicherweise sogar Ansätze zur Prävention bzw. Therapie der Erkrankung.
* Area under the receiver operating characteristic curve
Quelle: Kartal E et al. Gut 2022; DOI: 10.1136/gutjnl-2021-324755