Mit Reha körperliche und seelische Narben von Brandverletzten behandeln

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Dauerhaft sichtbare Verletzungen stellen das gesamte Selbstkonzept infrage. Dauerhaft sichtbare Verletzungen stellen das gesamte Selbstkonzept infrage. © iStock.com/Staras

Im Haushalt helfen, sich mit Freunden treffen – Aktivität und Teilhabefähigkeit von Brandverletzten werden durch eine gestörte Körperstruktur und -funktion erheblich eingeschränkt. Um wieder zurück ins Leben zu finden, gibt es spezielle Rehamaßnahmen inklusive traumapsychologischer Begleitung.

Nach einer flächigen Verbrennung kann es zu größeren Epitheldefekten, weniger Muskelkraft sowie Phantomschmerzen kommen. Derartige Defizite sollen mit einer auf die Narbentherapie spezialisierten Reha funktionell kompensiert werden. Zudem stabilisiert eine Reha – vorzugsweise in einem spezialisierten Zentrum – die Erfolge der Akuttherapie, heißt es in der neuen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin (DGV).

Umfang und Dauer werden dabei nicht durch die Verbesserung einzelner spezifischer Fertigkeiten bestimmt, sondern vielmehr durch den Progress in der Kompensationsfähigkeit im Alltag. Ein Schwerpunkt der multimodalen Reha ist die Narbenpflege. Nach Reinigung mit Wasser und einer pH-neutralen Seife kommen anfangs fettende, später feuchtigkeitsspendende Externa auf die Haut – je nach Trockenheit und Schuppung ein- oder mehrmals täglich. Regelmäßige Massagen lockern das Gewebe. Vor allem in den ersten zwei Jahren sollten die Narben vor UV-Licht geschützt werden.

Sobald Hauttransplantate stabil eingeheilt sind, kann die Kompressionsbehandlung beginnen. Dazu bekommt der Patient ein passgenau angefertigtes „Kompressionskleid“, das er abgesehen von Narben- und Körperpflege kontinuierlich tragen soll.

Indikationen für die Reha

  • Verbrennungen Grad 2 ≥ 15 % (Kinder ≥ 10 %) der Körperoberfläche
  • Verbrennungen Grad 3 ≥ 10 % (Kinder ≥ 5 %) der Körperoberfläche
  • Verbrennungen an Gesicht, Händen, Füßen oder der Genitalregion
  • Narben mit wesentlicher Einschränkung der Funktion großer Gelenke
  • funktionelle Defizite nach Starkstromunfall
  • Gliedmaßenverlust
  • Alter ≥ 65 Jahre
  • funktionelles neurologisches Defizit bei geringem Verbrennungsausmaß
  • manifeste psychoemotionale Störungen/problematische psychosoziale Situation

Massive Schamgefühle und Angst, nicht geliebt zu werden

Ein weiterer Schwerpunkt der Rehabilitation ist die Bewegungstherapie. Krankengymnastik fördert unter anderem die Gelenkmobilität und verbessert die Kondi­tion. Die Ergotherapie führt den Brandverletzten wieder an Fertigkeiten heran, die er zu Hause oder im Beruf benötigt – z.B. indem die mechanische Belastbarkeit der Narben gefördert wird. Die spezielle Kontrakturbehandlung konzentriert sich v.a. auf besonders gefährdete Regionen wie Axilla, Ellen- und Kniebeuge oder Hände. Gearbeitet wird mit statischen und dynamischen Schienen unter ständiger Kontrolle von Kraft und Zug­richtung. Ein entscheidender Baustein der Rehabilitation ist die psychische Betreuung. Schließlich steigt das Risiko für entsprechende Störungen nach einer großen Verbrennung deutlich. Neben akuten Belastungsstörungen können langfristig Depressionen, Substanzmissbrauch, Phobien und andere Ängste auftreten. Dauerhaft sichtbare Verletzungen stellen das gesamte Selbstkonzept infrage. Betroffene leiden an massiven Schamgefühlen, fürchten sich vor gesellschaftlicher Ausgrenzung und haben Angst, auch von ihren Angehörigen nicht mehr geliebt zu werden. In dieser Situation kann eine ressourcenorientierte Verhaltenstherapie die Traumabewältigung erleichtern. Auch Gruppenangebote zum Austausch mit anderen Patienten empfinden Brandverletzte als hilfreich.

Schmerzen möglichst früh nach WHO-Schema behandeln

Eine weitere Aufgabe der Reha ist die Schmerzbekämpfung: Narben, wieder einsprossende Nervenenden und Begleitverletzungen erzeugen nozizeptive, neuropathische und gemischte Schmerzen. Damit es nicht zur Chronifizierung kommt, sollten die Patienten frühzeitig nach dem WHO-Stufenschema behandelt werden, zum Beispiel ergänzt durch Antihistaminika und niedrigpotente Neuroleptika. Auch physikalische und reflextherapeutische Verfahren und Entspannungstechniken haben einen günstigen Einfluss auf die Schmerzen und den oft quälenden Juckreiz. Schließlich sollten die Angehörigen frühzeitig über potenzielle Folgeschäden informiert werden, ebenso über Selbsthilfevereinigungen. Die berufliche Wiedereingliederung wird am besten schon während der Reha-Phase überdacht, bei der Einschätzung können auch Leistungstests helfen.

Quelle: S2k-Leitlinie „Behandlung thermischer Verletzungen des Erwachsenen“, AWMF-Register-Nr. 044-001, www.awmf.org