Moderne Technologien als DMP-Kernthema bei Typ-1-Diabetes
Der Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) für Disease-Management-Programme (DMP) bei Diabetes Typ 1 ist das Ergebnis einer systematischen und umfassenden Recherche zu aktuellen und evidenzbasierten Leitlinien zur Behandlung von Patienten mit Typ-1-Diabetes. Besonders erfreulich ist, dass Kollegen aus Diabetes-Schwerpunktpraxen beteiligt waren.
DMPs sollen in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden, um sie an den Stand des medizinischen Wissens anzupassen. Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) hat das IQWiG aktuelle evidenzbasierte Leitlinien zu Diabetes mellitus Typ 1 durchgesehen und überprüft, ob sich daraus ein Überarbeitungsbedarf für das DMP ergibt. Solche Vorgaben zu einem DMP finden bundesweit Anwendung.
Insgesamt wurden 37 Leitlinien in die Analyse einbezogen; daraus wurden 2 817 Empfehlungen extrahiert. Diese beziehen sich auf verschiedenste Aspekte wie Diagnostik, Therapie oder die Kooperation der beteiligten Berufsgruppen. Inhaltlich überprüft hat das Institut die Empfehlungen nicht. Der Bericht identifiziert Themenfelder, bei denen ein Aktualisierungsbedarf des bestehenden DMP besteht, um daraus Kernaussagen zur Versorgung abzuleiten. Dabei ergeben sich zwei Schwerpunkte: Der Einsatz neuer Technologien und die Häufigkeit von Schulungen.
Die Diabetestechnologie wird für das Vermeiden von Unterzuckerungen als wichtig betrachtet: Daher muss die Überarbeitung des DMP deren Vermeidung als ein wichtiges Ziel der Behandlung darstellen und den Einsatz von Systemen zu kontinuierlichem Glukosemonitoring (CGM) beinhalten („potenzieller Aktualisierungsbedarf“).
Kernaussage zur Diabetestechnologie
Neben der Verlaufskontrolle, bei der die Gefahr von Hypoglykämien durch eine Alarmfunktion reduziert werden kann, ist die Kombination mit einer Insulinpumpe der nächste Schritt, um diese Gefahr zu reduzieren. Die automatische Adjustierung der subkutanen Insulininfusion hilft dabei nicht nur, die nächtlichen Hypoglykämien zu vermeiden. Auch tagsüber liegen die Glukosekonzentrationen häufiger im Zielbereich und die Schwankungen in der Glykämie sind geringer. Dies führt im Endeffekt zum Einsatz von Systemen, die eine „Automatisierte Insulindosierung“ (AID) ermöglichen. Die erste Generation von AID-Systemen (ein Produkt hat aktuell in Europa eine CE-Markierung erhalten) deckt noch nicht automatisiert den prandialen Insulinbedarf ab, dies wird aber bei den nächsten Generationen der Fall sein. Weitere Produkte sind in der klinischen Entwicklung weit vorangeschritten.
Sowohl die CGM- und Pumpen-Systeme der Hersteller als auch die AID-Systeme, die sich Patienten mit Typ-1-Diabetes selber bauen (Do-it-yourself; DIY), werden in Zukunft immer mehr Anwendung finden. Für die Kostenübernahme ist deshalb die deutliche Pro-Aussage des IQWiG, moderne Technologie als integralen Bestandteil und Sinnhaftigkeit beim DMP Typ 1 zu bewerten, von großer Bedeutung!
Patienten weiterhin in unklarer Rechtssituation
Wenn also die Auswertung einer Vielzahl von evidenzbasierten Leitlinien – und diese basieren ja auf der verfügbaren wissenschaftlichen Evidenz – zu einem solchen Schluss kommt, wieso gibt es dann noch Überlegungen zu einer Bewertung von AID-Systemen im Sinne einer „Neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode“ (NUB)?
Ein solcher Prozess würde Jahre dauern – Jahre, in denen Patienten sich weiterhin mit selbstgebauten Systemen in einer unklaren Rechtssituation befinden. Und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Evaluierung der Evidenz zu einem anderen Ergebnis kommt, als dies in den Leitlinien verankert ist?
Quelle: IQWiG-Berichte – Nr. 648 Leitliniensynopse für das DMP Diabetes mellitus Typ 1