COPD Ordentlich Luft ablassen bei schwerem Emphysem
Die Atemwegsobstruktion und der Verlust der elastischen Rückstellkräfte der Lunge können bei COPD zur Erhöhung des endexspiratorischen Volumens (EEV) und zur Lungenüberblähung führen. Leitlinienbasierte Maßnahmen wie Bronchodilatation, Rauchstopp, Training etc. bringen nicht immer den gewünschten Therapieerfolg. Für ausgewählte Patienten mit starken Beschwerden kommt dann eine endoskopische oder chirurgische Intervention zur Lungenvolumenreduktion infrage, schreiben Prof. Dr. Ralf Eberhardt und Dr. Florian Bornitz von der Abteilung Pneumologie & Internistische Intensivmedizin an der Asklepios Klinik Barmbek, Hamburg. Da die operative Entfernung von stark zerstörtem Lungengewebe mit einer erhöhten postoperativen Morbidität und Mortalität einherging, entwickelte man seit den 2000er-Jahren minimal-invasive bronchoskopische Verfahren, um das Lungenvolumen zu reduzieren.
Lufteinstrom in distale Atemwege wird blockiert
Eine häufig angewandte Methode zur endoskopischen Lungenvolumenreduktion (ELVR) ist die Implantation von blockierenden Einwegventilen. Sie werden in die Bronchien eingesetzt, die in den am meisten beschädigten und überblähten Lungenlappen führen. Die kleinen Ventile lassen bei der Ausatmung Luft und Sekrete entweichen, bei der Einatmung verhindern sie den Einstrom von Luft in die distalen Atemwege. Auf diese Weise kann sich der behandelte Lungenlappen allmählich entblähen, und das Volumen nimmt ab. Je größer die Volumenreduktion, desto besser für die Lungenfunktion und Belastbarkeit des Patienten. „Im Idealfall bildet sich eine vollständige Atelektase aus“, schreiben die Autoren. Heute wird bei der bronchoskopischen Ventiltherapie ein einzelner Lungenlappen komplett verschlossen, entweder ein Ober- oder ein Unterlappen.
Einen Haken hat die Ventiltherapie allerdings: Sie führt nur bei Patienten zum Erfolg, die keine Parenchymbrücken zwischen dem behandelten und dem benachbarten Lungenlappen haben. Solche Gewebebrücken sind angeboren und unterschiedlich ausgeprägt und können zu einer Kollateralventilation führen, die den Erfolg einer Ventiltherapie verhindert. Vor der geplanten Intervention muss daher mithilfe einer hochauflösenden Computertomographie nach Lücken in den Fissuren zwischen den ipsilateralen Lungenlappen gesucht werden, die zu einem relevanten Luftaustausch führen können.
Bei geeigneten Patienten verbessert die Ventiltherapie in vielen Fällen die FEV1, die Belastbarkeit und somit die Lebensqualität deutlich und erzielt bei einem Teil der Behandelten zudem einen signifikanten Überlebensvorteil.
Bronchoskopischer Eingriff kann Exazerbation auslösen
Allerdings gibt es auch Risiken: Die Bronchoskopie selbst kann schon eine Exazerbation der COPD provozieren und ca. 20 % der Patienten entwickeln nach der Intervention einen Pneumothorax.
Ein nicht-blockierendes ELRV-Verfahren ist die Spiralimplantation, bei der LVRC (lung volume reduction coils) in gestrecktem Zustand bilateral in die Lunge eingebracht werden. Nach der Freisetzung nehmen die Drähte Spiralform an, raffen dadurch das Lungengewebe in Richtung Hilus und reduzieren es im Volumen. Eingesetzt werden zehn bis 14 Coils in jeweils zwei kontralaterale Lungenlappen. Die Spiralen eignen sich auch für Patienten mit Kollateralventilation. Als mögliche Komplikationen der Coiltherapie nennen die Kollegen COPD-Exazerbationen, Hämoptysen und überschießende Entzündungsreaktionen. Die Behandlung mit LVRC ist irreversibel, doch die Effekte hielten nicht immer an. Das führte zu einem Vertriebsstopp der Spiralen, das Verfahren steht derzeit nicht zur Verfügung. Wie die Autoren berichten, befinden sich aber aktuell zwei Weiterentwicklungen in der klinischen Prüfung.
Bei der bronchoskopischen Thermoablation (BTVA) wird über einen Katheter heißer Wasserdampf in die am stärksten vom Emphysem zerstörten Lungenabschnitte eingeleitet und dadurch eine lokale Pneumonitis induziert. Dies führt zu einer narbigen Schrumpfung und zu einer Volumenreduktion mit Besserung von Lungenfunktion und Belastbarkeit. Mit der BTVA lassen sich einzelne Lungensegmente behandeln, daher eignet sich die Methode für Patienten mit hoher intralobärer Heterogenität des Emphysems. Als schwerste Komplikation wird eine überschießende Inflammation mit septischen Verläufen beschrieben. Eine zweizeitige Anwendung erhöht die Sicherheit der BTVA.
Als Voraussetzungen für eine ELVR nennen die Autoren:
- FEV1-Wert < 45 % vom Soll
- Residualvolumen > 200 % vom Soll
- Dyspnoe-Score (mMRC) liegt bei ≥ 2 Punkten
- Emphysemnachweis im hochauflösenden CT
- Fissurenanalyse bzw. bronchoskopische Messung der Kollateralventilation
- Ausschöpfung der patientenindividuellen Therapiemöglichkeiten
- Fallvorstellung in einer interdisziplinären Emphysemkonferenz
Eine ELVR darf nur in spezialisierten pneumologischen Zentren durchgeführt werden. Ausschlusskriterien sind fortgesetztes Rauchen, Bronchiektasen und ein schwerer Lungenhochdruck.
Quelle: Eberhardt R, Bornitz F. Hamburger Ärzteblatt 2021; 75: 32-34 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg