Klimawandel Plasmodien und Konsorten erobern Europa

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Zahlreiche vektorübertragene Erkrankungen werden durch klimatische Variablen wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Niederschläge beeinflusst. Zahlreiche vektorübertragene Erkrankungen werden durch klimatische Variablen wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Niederschläge beeinflusst. © amornchaijj – stock.adobe.com

Bedingt durch den Klimawandel werden die globalen Temperaturen steigen und Hitzewellen an Intensität, Häufigkeit und Dauer zunehmen. Das macht es vielen Krankheitserregern leicht, neues Terrain zu erobern.

Ob Malaria, Dengue-Fieber oder Shigellosen: Eine Reihe von Infektionskrankheiten wird immer mehr zum globalen Problem. Ein Team um Dr. ­Olga ­Anikeeva von der University of Adelaide fasst die aktuelle Lage zusammen.

Vektorübertragene Erkrankungen

Für das Denguefieber ließ sich zeigen, dass bei hohen Temperaturen das Erkrankungsrisiko mit jedem Grad Erwärmung um 13 % steigt. Im Fall der Malaria führen zunehmende Wärme und veränderte Niederschlagsmuster dazu, dass sich die übertragenden Moskitos nordwärts und z. B. auch im afrikanischen Hochland verbreiten. Die Verbreitung der Japanischen Enzephalitis korreliert ebenfalls positiv mit Wärme, relativer Luftfeuchtigkeit und Regenmenge, schreibt die Forschungsgruppe.

Für das West-Nil-Fieber wird prophezeit, dass sich das auslösende Flavivirus dank Klimawandel weltweit verbreitet. In den Jahren 2040 bis 2060 dürfte es auch in (Nord-)Europa vorkommen. Außerdem muss man mit Koinfektionen durch andere Arboviren wie Dengue rechnen, die von den gleichen Mücken übertragen werden. Das ebenfalls klimaabhängige Zikavirus hat sich seit 2015 über 89 Länder aus fünf von sechs Regionen der WHO (Ausnahme östliches Mittelmeer) verbreitet. Die Autorinnen und Autoren unterstreichen die besondere Bedeutung der Infektion durch Zikaviren, da sie schwere kongenitale Anomalien (z. B. Mikrozephalie) auslösen kann.

Die Schistosomiasis wird durch Saugwürmer übertragen, deren Reproduktion, Überleben und Ausbreitung sehr empfindlich auf Temperaturschwankungen reagiert (Optimum 15–31 °C). Deshalb wird im Zuge des Klimawandels mit einer Verbreitung in kühlere Regionen, z. B. ans Mittelmeer, gerechnet. Auch die von Sandfliegen übertragene Leishmaniose findet sich zunehmend in Ländern mit bisher weniger warmem Klima.

Das hämorrhagische Fieber mit renalem Syndrom wird durch Hantaviren ausgelöst. Menschen stecken sich an, wenn sie erregerhaltigen Staub von Nagetierkot einatmen. Auch hier besteht eine Assoziation von höherer Temperatur und Luftfeuchtigkeit mit der Zahl der Erkrankungsfälle.

Bakterielle Erkrankungen

In jüngerer Zeit ließ sich eine globale Ausbreitung der Cholera beobachten. Klimawandel und begleitende Extremwetterereignisse könnten das begünstigt haben. Die Salmonellose tritt vor allem im Sommer auf. Zunehmende Temperaturen könnten die Krankheitslast in den kommenden Jahren beträchtlich erhöhen. Der Zusammenhang zwischen Klima und Campylobacter-Infektionen ist weniger klar. Dennoch wird vermutet, dass sich die Zahl in vier nordeuropäischen Ländern bis zum Ende der 2080er-Jahre verdoppeln könnte.

Für die Shigellose konnte eine weltweite Modellierung bei Kindern aus Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen einen Zusammenhang mit der Klimaerwärmung ermitteln. Auch für enterohämorrhagische E. coli O157 zeigte eine Metaanalyse in den meisten Studien eine solche Assoziation.

Viruserkrankungen

Zu Infektionen mit Rotaviren kommen die Studien zu widersprüchlichen Ergebnissen, ein Teil fand ein vermehrtes Auftreten im Zusammenhang mit höheren Temperaturen, ein Teil ein verringertes, eine Metaanalyse dagegen keine Verbindung. Unklar ist die Datenlage auch zum Einfluss des wärmeren Wetters auf Infektionen mit Noroviren. Vermehrte Ausbrüche wurden eher in kalten und trockenen Jahreszeiten berichtet.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass zahlreiche vektorübertragene Erkrankungen durch klimatische Variablen wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Niederschläge beeinflusst werden. Was die Anpassung an den Klimawandel betrifft, kann man aber inzwischen Fortschritte verzeichnen, wie z. B. Impfstoffe gegen Dengue. Wichtig wäre auch die Etablierung von Überwachungssystemen, um klimatisch bedingten Veränderungen frühzeitig begegnen zu können.

Quelle: Anikeeva O et al. BMJ 2024; 387: e079343; DOI: 10.1136/bmj-2024-079343