Asthma Klimawandel setzt der Lunge zu
Die Folgen von Klimawandel und schmutziger Luft betreffen direkt und indirekt die Lungen. Die höheren Außentemperaturen führen durch die stärkere Ozonbelastung und die höheren Konzentrationen von Pollen und Bioallergenen in der Luft zu vermehrten und schwereren Erkrankungen der Atemwege. Die Pollenflugzeiten sind deutlich verlängert, was Menschen mit allergischen Atemwegserkrankungen fast über das gesamte Jahr hinweg Probleme bereitet. Überflutungen und Wirbelstürme fördern das Wachstum von Schimmelpilzen, die Überempfindlichkeitsreaktionen und Asthma hervorrufen können. Infolge von Hitze und Dürre vermehrt auftretende Waldbrände und Sandstürme erhöhen die Feinstaubbelastung.
Obwohl die Auswirkungen des Klimawandels schon heute konkret spürbar sind, fühlt sich mehr als die Hälfte der pneumologisch tätigen Kolleginnen und Kollegen nicht ausreichend über die Folgen des Klimawandels auf die Gesundheit informiert, schreibt ein Autorenteam. In einem Reviewartikel haben die Wissenschaftler um die Pulmologin Dr. Bathmapriya Balakrishnan von der West Virginia University in Morgantown die Effekte auf zwanzig verschiedene Lungenerkrankungen zusammengefasst.
Bedarf an Antiallergika und Zahl der Arztkontakte steigt
Recht gut untersucht sind die Folgen des Klimawandels auf COPD, Asthma und allergische Atemwegserkrankungen. Aufgrund der gestiegenen Temperaturen und des erhöhten Kohlendioxidgehalts der Luft steigt auch die Pollenproduktion der Pflanzen sowie die Belastung mit anderen allergenen Proteinen merklich an, so Dr. Balakrishnan und Kollegen. Das mache sich schon heute am höheren Verbrauch antiallergisch wirksamer Medikamente und an vermehrten Arztkontakten bemerkbar. Die Feinstaubbelastung erhöht die Allergenität des Pollens zusätzlich, erläutern die Wissenschaftler. Gewitter, Waldbrände und Sandstürme verstärken die Symptome bei COPD und Asthma weiter.
Klimawandel und Naturkatastrophen verändern zudem das Erregerspektrum bei den Lungeninfektionen. So wurden etwa nach dem Tsunami in Japan im Jahr 2011 vermehrt Aspergillosen festgestellt. Durch den feuchten Schlamm in den überfluteten Häusern kam es überdies auffallend oft zu Infektionen mit atypischen Mykobakterien und vermehrt zu Fällen von Hypersensitivitätspneumonitis.
Durch den Klimawandel ausgelöste Naturkatastrophen bringen mitunter die intensivmedizinische Versorgung an ihre Grenzen. Eine Metaanalyse hat gezeigt, dass hohe Temperaturen mit einem größeren Risiko für Arrhythmien und plötzlichen Herztod assoziiert sind. Hitze wird auch für 4 % aller Schlaganfälle verantwortlich gemacht, wahrscheinlich bedingt durch die erhöhte Blutviskosität. Auch die Luftverschmutzung fördert Hirninfarkte und Hirnblutungen.
Der Schmutz in der Atemluft kann über verschiedene Mechanismen die Entstehung einer pulmonalen Hypertonie befördern. Für interstitielle Lungenerkrankungen wie die idiopathische pulmonale Fibrose ist gleichfalls ein Zusammenhang mit der Feinstaubbelastung und abnormen Ozonwerten gezeigt worden.
Feinstaub und Stickoxide beeinträchtigen den Schlaf
Offene Herdfeuer, wie sie beispielsweise in Entwicklungsländern gang und gäbe sind, begünstigen die Entstehung einer Staublunge. Einen ähnlichen Effekt wie die Rauchschwaden in Küche und Wohnung dürften Sandstürme haben, schreiben die Autoren. Auch eine Silikose könne so entstehen.
Die Belastung in der Umgebungsluft geht mit verkürzter Schlafdauer und mehr schlafbezogenen Atemstörungen sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen einher. Für obstruktive Schlafapnoe ist eine Assoziation des Schweregrades mit der Feinstaub- und Stickoxidkonzentration in der Umgebungsluft gezeigt worden.
Besonders Kinder dürften durch das veränderte Klima und die Partikel in der Luft gefährdet sein. Schlechte Luftqualität geht mit einer höheren Rate an Frühgeburten, einem Anstieg der Asthmadiagnosen und mehr Infektionen in den ersten vier Lebensjahren einher.
Bei Menschen mit Lungentransplantaten führt der eingeatmete Feinstaub zu vermehrter Bronchiolitis obliterans und zur Dysfunktion des übertragenen Organs. Infolge des Klimawandels sind diese Patienten auch durch Pilzinfektionen stark gefährdet. Zudem werden weltweit rund 14 % aller Lungenkarzinome auf schmutzige Atemluft zurückgeführt.
Aus der Sicht von Pneumologen gibt es also viele Gründe, den Klimawandel und die Luftverschmutzung sehr ernst zu nehmen. Menschen mit Lungenerkrankungen sollten konsequent angeleitet werden, die Luftqualität täglich in den Blick zu nehmen und ihre Aktivitäten im Freien den herrschenden Verhältnissen anzupassen.
Quelle: Balakrishnan B et al. Chest 2023; DOI: 10.1016/j.chest.2023.04.009