CTEPH Rheuma lockt die Embolie
Ein 69-Jähriger mit zunehmender Belastungsdyspnoe brachte einiges an Vorerkrankungen mit, als er sich im Uniklinikum Homburg/Saar vorstellte. Bekannt waren KHK, zwei Koronarangioplastien, eine mit Methotrexat und JAK-1-Inhibitor stabil eingestellte seronegative rheumatoide Arthritis, diverse Operationen (Splenektomie nach traumatischer Milzruptur, Tibiafraktur mit tiefer Venenthrombose, Hüftendoprothetik) sowie eine chronische Hepatitis B. Unter der Belastungsdyspnoe litt der Mann seit zwei Jahren. In diesem Zeitraum hatten sich diverse Fachrichtungen – u.a. Hausarzt, Pneumologe, Kardiologe und Rheumatologe – um den Patienten bemüht, berichtete Prof. Dr. Heinrike Wilkens von der Homburger Universitätsklinik für Innere Medizin V. Noch vor einem Jahr war eine Ergometrie unauffällig gewesen. Nun zeigte das Echo eine deutliche Rechtsherzbelastung.
Natürlich sind bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen vielfältige Ursachen in Betracht zu ziehen, wenn sie über Atemnot klagen. Die Spanne reicht von simpler Dekonditionierung aufgrund von Muskelbeschwerden über Anämie und sekundäre Rheumamanifestationen (etwa interstitielle Lungenveränderungen oder Vaskulitiden) bis hin zur Lungenembolie. Letztere kommt bei Patienten mit Rheuma etwa doppelt so häufig vor wie bei Patienten ohne, betonte Prof. Wilkens.
Verlaufskontrolle nach Lungenembolie ratsam
1–3 % der Betroffenen entwickeln eine chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) bzw. Lungenerkrankung (CTEPD), wenn keine pulmonale Hypertonie vorliegt. Sie entsteht, wenn sich der Thrombus nicht oder unvollständig auflöst. Nachweisen lässt sie sich nach mindestens dreimonatiger Antikoagulation als Ventilations-Perfusions-Mismatch in der SPECT oder anhand typischer Läsionen in CT, MRT oder Pulmonalarterien-Angiografie.
Nach Erfahrung von Prof. Wilkens wird die CTEPH/CTEPD oft übersehen, weil niemand an sie denkt. Um das zu verhindern, sieht die Leitlinie der europäischen Kardiologen eine Verlaufskontrolle bei jedem mit akuter Lungenembolie nach drei bis sechs Monaten vor.
Wichtigste Behandlungsoption ist die Resektion des betroffenen Gefäßes samt Thrombus. Daneben kamen in den letzten zehn Jahren neue Therapien auf den Markt: auf interventioneller Seite die Ballonangioplastie, auf medikamentöser Seite Wirkstoffe, die an der löslichen Guanylatcyclase, dem Prostaglandin- oder Endothelinsystem ansetzen.
Die Ballonangioplastie hat sich zuletzt stark weiterentwickelt. Es konnte gezeigt werden, dass sie die Überlebensprognose ebenso verbessert wie eine erfolgreiche Endarteriektomie. Auch kombinierte Ansätze sind im Kommen, etwa das medikamentöse Bridging vor einem Eingriff bzw. die postoperative Pharmakotherapie bei persistierendem pulmonalem Hochdruck. Ultima Ratio ist die pulmonalarterielle Denervation, die bei systemischem Hypertonus die sympathische Versorgung der Arterien ausschaltet und so den Druck in der Lungenzirkulation senkt.
Prof. Wilkens’ Patient brachte eine ganze Reihe bekannter Risikofaktoren für eine chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie mit, u.a. die Splenektomie, die Venenthrombose nach Tibiafraktur und die chronische Hepatitis. Der Ventilations-Perfusions-Scan bestätigte den Verdacht. Eine Indikation zur Operation bestand bei dem Mann allerdings nicht, weil vor allem Gefäße in der Lungenperipherie betroffen waren – die empfohlene Ballonangioplastie lehnte der Patient ab. Er wird mit Riociguat behandelt und antikoaguliert. Die Belastungsdyspnoe ist unter der Therapie verschwunden.
Kongressbericht: 62. Kongress der DGP (Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin)