Schamanen-Droge Ayahuasca gilt als potenziell gesundheitsschädlich
Die indigene Bevölkerung des Amazonasbeckens konsumiert Ayahuasca seit Jahrhunderten im Rahmen von schamanischen religiösen Ritualen. Die Droge wird als Sud getrunken, zwei Pflanzen liefern die wirksamen Inhaltsstoffe.
Die Blätter des Rötegewächses Psychotria viridis enthalten Dimethyltryptamin (DMT), ein halluzinogenes Tryptamin, das in seiner Struktur Serotonin ähnelt und an ähnlichen Rezeptoren im Gehirn andocken kann. Die Leber bemüht sich, in einem „First-Pass“-Effekt die Substanz gleich wieder unschädlich zu machen. Genau das blockieren vom Tryptophan abstammende Alkaloide aus der Rinde der Liane Banisteriopsis caapi. Sie wirken als Hemmer der Monoaminoxidase (wie einige Antidepressiva) und verhindern den schnellen DMT-Abbau.
Konsumenten beschreiben intensivierte Erinnerungen
Die Substanzkombi beginnt ein bis zwei Stunden nach dem Trinken zu wirken, der Effekt hält vier bis sechs Stunden an, schreibt Privatdozent Dr. Peter Neu von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Jüdischen Krankenhaus Berlin. Sie wirkt halluzinogen, Konsumenten beschreiben „intensive Introspektionserfahrungen“ und verstärkte Erinnerungen.
Funktionelle MRT-Studien lassen allerdings auch vermuten, dass erlebte Halluzinationen als Erinnerung an tatsächliche Erlebnisse interpretiert werden könnten. Zu den häufigsten allgemeinen Nebenwirkungen gehören Übelkeit und Erbrechen. Schamanen sehen sie als Zeichen der umfassenden körperlichen und seelischen Katharsis.
Ayahuasca zählt in Deutschland zu den potenziell gesundheitsschädigenden Produkten und ist verboten. Das hindert einige Geschäftemacher aber nicht daran, „Wochenend-Workshops“ zur Selbsterfahrung damit anzubieten. Dass diese Erfahrung ganz schön daneben gehen kann, schildert der Psychiater anhand einer Kasuistik.
Ein 27-Jähriger hatte vor drei Monaten in Europa an einer zweiten Ayahuasca-Zeremonie teilgenommen, die erste vor mehreren Jahren sei positiv verlaufen. Nun aber schilderte er in der Notaufnahme einen Horrortrip mit todesähnlichen Erlebnissen, bei denen die Realität und er selbst sich aufgelöst hätten. Seitdem zog er sich immer mehr von seiner Umwelt zurück, konnte nicht schlafen und dachte vorübergehend an einen Suizid. Teilweise glaubte er, eine „böse Macht“ beeinflusse seine Gedanken. Er konnte sich aber von diesem Denken auch immer wieder distanzieren, sodass kein echter Wahn vorlag.
Die Kollegen nahmen ihn stationär auf und stellten eine „akute polymorphe psychotische Störung ohne Symptome einer Schizophrenie“ fest; sie verschrieben Olanzapin plus Lorazepam und schirmten den Mann gegen äußere Reize ab. Dazu kamen intensive psychotherapeutische Einzel- und Gruppensitzungen. Über zwei Wochen besserten sich die Symptome deutlich. Der Patient wurde unter Olanzapin in die ambulante Behandlung entlassen.
Quelle: Neu P. Fortschr Neurol Psychiatr 2020; 88: 669-673; DOI: 10.1055/a-1149-9187