
Wenn der Anus undicht wird So helfen Sie bei fäkaler Inkontinenz

Der vor Ihnen sitzenden älteren Dame ist es sichtbar unangenehm, ihre Beschwerden zu schildern. Schließlich stellt sich bei geduldigem Nachfragen heraus: Sie leidet an einer fäkalen Inkontinenz. Damit ist sie nicht alleine, die genaue Prävalenz ist allerdings unklar. Die Zahlen in der Literatur reichen von 5,4 % bis 8,5 %. Zudem ist die Dunkelziffer hoch, denn die Kranken scheuen sich oft, so etwas „Unappetitliches“ anzusprechen, schreiben Dr. Angelos Pazidis von der Ninewells Hospital and Medical School, Dundee, und sein Team.
Zurück zur Patientin: Gibt sie eines der schwerwiegenden Warnsymptome an, ist möglicherweise die zügige Überweisung an ein spezialisiertes Zentrum indiziert. Solche „Red Flags“ sind:
- rektale Blutungen (kolorektales Karzinom? Chronisch- entzündliche Darmerkrankung?)
- ungewollter Gewichtsverlust von mehr als 10 % innerhalb der letzten drei Monate (Malignom?)
- nächtliche Beschwerden
- anhaltende Veränderungen beim Stuhlgang, die erst vor kurzem eingesetzt haben, etwa Obstipation und/oder Diarrhö
- mikrozytäre Anämie, Eisenmangel (okkulte Blutung?)
Auf den Darm hören
Biofeedback-Übungen sind nicht nur bei einer Beckenbodenschwäche nach einer Geburt hilfreich, sondern auch bei fäkaler Inkontinenz. Es gibt verschiedene Verfahren, etwa das Einführen einer Drucksonde in den Analkanal: Diese meldet dann den Betroffenen den aktuellen Druck des Analsphinkters über akustische oder visuelle Reize zurück. Verändert sich der Druck, verändert sich auch das Signal, wie etwa die Tonhöhe. Auf diese Art können Kranke die Spinkterfunktion besser einschätzen und lernen, wie sie beispielsweise aktiv diesen Druck verändern können.
Meist sind mehrere Faktoren zusammen verantwortlich
Bei fehlenden Warnzeichen ist zunächst hausärztliche Hilfe gefragt.Selten ist eine einzige Ursache für die Inkontinenz verantwortlich, etwa ein ausgedehnter postpartaler Dammschnitt. Meist spielen mehrere Faktoren zusammen, wie eine vorangegangene Radiotherapie (Strahlen-Proktitis), eine bestehende autonome Neuropathie bei Diabetes mellitus oder Symptome einer neurologischen Erkrankung, etwa einer Multiplen Sklerose.
Bei der ersten Visite sollte man die Betroffenen dazu anhalten, ein Ess- und Stuhl-Tagebuch zu führen. Häufig lassen sich die Beschwerden dann schon mit einfachen Mitteln lindern: Schauen Sie sich das Tagebuch an und versuchen Sie, anhand umgestellter Ernährungsgewohnheiten die Stuhlkonsistenz zu verändern. Damit sind manche nur leicht oder moderat Betroffene oft schon zufrieden. So erleichtern und vermehren Flohsamen(schalen) im Müsli den Stuhlgang, während der Verzicht auf Kaffee die Stuhlfrequenz vermindert und die Konsistenz erhöht.
Helfen diese Versuche nicht weiter, ziehen Sie eine diätetische Fachkraft hinzu. Sie gibt Tipps zu einer Ernährungsumstellung, etwa zu einer FODMAP-Diät. Bei dieser werden so weit wie möglich fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole vermieden. Besonders Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sprechen gut darauf an.
Medikamentös kann Loperamid eine Stuhlinkontinenz bessern, als Nebenwirkung droht jedoch eine Obstipation.
Es gilt deshalb, die für die Betroffenen passende Dosis herauszufinden. Begonnen werden sollte mit niedrigen Dosierungen, eventuell als Tropfen verabreicht. Sie werden vor den Hauptmahlzeiten eingenommen, wenn nötig auch zur Nacht.
Toilettengänge und Essenszeiten fest planen
Raten Sie außerdem zu regelmäßigen Mahlzeiten und einem strukturierten Toilettentraining. Damit lässt sich häufig mehr Kontrolle über die Stuhlentleerung erlangen. Weitere Optionen zur Besserung der Inkontinenz sind physiotherapeutisch angeleitetes Beckenbodentraining und Biofeedback (s. Kasten).
Quelle: Pazidis A et al. BMJ 2025; 388: e079980; DOI: 10.1136/bmj-2024-079980