Tabakerhitzer machen so süchtig wie herkömmliche Zigaretten
Tabakerhitzer sollen den Raucher mit der gewohnten Menge an Nikotin versorgen, ihn aber mit deutlich weniger Schadstoffen belasten. Tatsächlich emittieren die Geräte um bis zu 80–99 % weniger kanzerogene Substanzen, schreiben Dr. Elke Pieper und Kollegen vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin. Zudem nimmt die Menge von Carbonylverbindungen wie Formaldehyd oder Acetaldehyd um 80–96 % gegenüber herkömmlichen Zigaretten ab, wenn man Tabakstifte mit den batteriebetriebenen Erhitzern raucht.
Die Gehalte an flüchtigen und semiflüchtigen Verbindungen in den Emissionen liegen sogar um 97–99 % niedriger, und das bei gleichen Nikotinwerten, so die Autoren. „Aus diesem Grund ist kein Kompensationsverhalten durch häufigeres oder intensiveres Rauchen zu erwarten.“ Allerdings sei ein ähnliches Suchtpotenzial wie bei den klassischen Zigaretten zu erwarten.
Was laut BfR und WHO allerdings aussteht, sind unabhängige Studien, die belegen, dass diese niedrigeren Schadstoffexpositionen auch tatsächlich die versprochenen Effekte für die Gesundheit der Raucher haben. Bei Mäusen, so viel konnte man zeigen, kommt es durch die Dämpfe aus den Tabakerhitzern nach wie vor zu einem Anstieg der Mutationshäufigkeit. Allerdings geschieht dies verglichen mit konventionellen Tabakprodukten erst bei deutlich höherer Exposition. Trotz der verminderten Freisetzung gesundheitsschädlicher Substanzen bleibe die Nutzung der Tabakerhitzer aber eben doch mit der Inhalation krebserzeugender Substanzen verbunden, urteilt das Autorenteam.
Insgesamt vier klinische Studien haben die Hersteller durchgeführt, um solchen Bedenken zu begegnen. So wurden zum Beispiel in einem fünftägigen stationären Setting 160 Raucher auf drei Gruppen aufgeteilt: Die einen rauchten weiter ihre konventionellen Zigaretten, die zweite Gruppe stieg komplett auf den Tabakerhitzer um und die restlichen hörten auf zu rauchen.
So funktioniert das Gerät
Risiko für Herz und Kreislauf bleibt hoch
Auch in vivo, so wurde damit gezeigt, führt der Umstieg auf den Erhitzer zu einer deutlichen Abnahme von 16 wichtigen mit dem Rauchen assoziierten Biomarkern wie Acrolein oder Benzol im Blut oder im Urin. Inzwischen haben Wissenschaftler zudem Verfahren entwickelt, anhand der Konzentration und der mutagenen Wirkung der Inhaltsstoffe die kanzerogenen Eigenschaften von Zigaretten- und Tabakerhitzerrauch zu modellieren. Das Ergebnis: Die sogenannte Tumorpotenz war bei dem Ersatzprodukt auf 10 % erniedrigt. Für die kardiovaskulären Erkrankungen, schreiben die Autoren, vermindere sich das Risiko allerdings nicht in gleichem Maße. Von einem unbedenklichen Tabakkonsum könne man bei den Erhitzern keinesfalls sprechen. Schließlich setzten diese nicht nur deutliche Schadstoffmengen frei, sondern bergen auch ein hohes Suchtpotenzial.Quelle: Pieper E et al. Bundesgesundheitsbl 2018; 61: 1422-1428