Chronischer Schmerz Therapie mit viel Gefühl
Bislang hat sich die Emotional Awareness and Expression Therapy (EAET) in erster Linie bei jüngeren Frauen bewährt. Ob die recht neue psychotherapeutische Methode auch älteren Männern mit chronischen Schmerzen Vorteile gegenüber der KVT bietet, prüften Prof. Dr. Brandon Yarns von der University of California in Los Angeles und sein Team.
Von 126 überwiegend männlichen Kriegsveteranen (92 %) im Alter von 60 bis 95 Jahren nahm die eine Hälfte an einer EAET teil, die anderen bekamen eine KVT. Alle litten seit mindestens drei Monaten an muskuloskelettalen Schmerzen. Oft hatten sie Rückenschmerzen, häufig auch psychische Begleiterkrankungen wie eine Angst- oder eine posttraumatische Belastungsstörung (PTSD).
Die erste Sitzung war ein Einzelgespräch über 90 Minuten. Es folgten acht ebenso lange Sitzungen in Gruppentherapie. Zu Beginn, nach der neunten Sitzung in Woche 10 und sechs Monate nach Ende der Therapie bewerteten die Patienten und Patientinnen ihre Schmerzen anhand des Brief Pain Inventory mit einem Punktwert von 0 bis 10.
Mit Abschluss der Therapie war der Wert in der EAET-Gruppe deutlicher gesunken als in der KVT-Gruppe. Eine klinisch signifikante Schmerzreduktion von ≥ 30 % erreichten 63 % der EAET-Behandelten, unter KVT waren es nur 17 % (Odds Ratio 21,54). Zudem hatten sich in der EAET-Gruppe Angstzustände, Depressionen und PTSD-Symptomatik verringert. Wer zu Beginn der Intervention stärker depressiv, ängstlich oder posttraumatisch belastet war, profitierte besonders von der neuen Therapieform. Für die KVT galt das nicht. Auch in der Nachuntersuchung sechs Monate später ergab sich ein deutlicher Vorteil für die EAET.
Prof. Dr. Matthias Karst von der Schmerzklinik an der Medizinischen Hochschule Hannover erläutert in seinem begleitenden Editorial, welche Bedeutung der gesunden Kommunikation von Emotionen beim chronifizierten Schmerz zukommt. Bei der EAET liege der Fokus auf dem emotionalen Erleben des Patienten, während das Ausmaß der empfundenen Schmerzen genau beobachtet wird. So könne sich der Patient über das mit der körperlichen Schmerzwahrnehmung assoziierte Gefühl klar werden.
Diese intensive Auseinandersetzung mit den erlebten Emotionen hat der zugrunde liegenden Theorie zufolge Einfluss auf die neurologische Aktivität des limbischen Systems und die Schmerzverarbeitung. Insbesondere bei Menschen mit chronifizierten Schmerzen und begleitenden psychischen Erkrankungen könnte sich die EAET als besonders effektive Therapie erweisen, so Prof. Karst. Die Studie zeige sehr gut, dass das Hervorrufen und der Ausdruck von Gefühlen der rein kognitiven Bewältigung von Schmerzen überlegen ist.
Quelle:
Yarns BC et al. JAMA Netw Open 2024; 7: e2415842; doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.15842;
Karst M. JAMA Netw Open 2024; 7: e2417340; doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.17340