Tür entlarvt Anorexie – Betroffene halten sich für breiter, als sie sind
Die Anorexia nervosa zählt zu den psychischen Erkrankungen mit der höchsten Mortalität. Wesentliche Komponente der Störung ist die verzerrte Körperwahrnehmung. Betroffene halten sich offenbar bereits im Unterbewusstsein für breiter als sie in Wahrheit sind, wie ein Experiment der Universitätsklinik Bochum ergab.
Teilnehmerinnen waren 46 junge Frauen, von denen die Hälfte an Magersucht erkrankt war. Um den eigentlichen Versuchszweck zu verschleiern, erklärten ihnen die Forscher, sie wollten den Einfluss der Körperbewegung auf das Gedächtnis untersuchen. Sie ließen die Probandinnen zunächst eine Geschichte hören, dann schickten sie die Frauen durch eine türähnliche Wandöffnung mit verstellbarer Weite. Dort, so erklärten ihnen die Forscher, sollten sie sich Fragen abholen, mit denen die Erinnerungsleistung geprüft werden sollte. Tatsächlich aber ermittelten die Wissenschaftler das Ausmaß der unbewussten Schulterdrehung während der Passage durch den Durchlass. Getestet wurden jeweils mehrere Türweiten, wobei das Verhältnis des Durchgangs zu Körperbreite von 0,9 bis 1,45 reichte.
Obwohl sich die beiden Testgruppen in ihren Körpermaßen nicht signifikant unterschieden, zeigten sich deutliche Differenzen beim kritischen Öffnung-Schulter-Quotienten. Die Anorexiepatientinnen drehten ihren Oberkörper schon dann zur Seite, wenn sie den Spalt ohne Rotation problemlos hätten durchschreiten können. Das spricht dafür, dass sie ihren Körper für breiter hielten, als er tatsächlich war, schreiben die Wissenschaftler.
Mittels Virtual Reality das Körperbild verändern
Zur Ursache vermuten sie, dass Magersüchtige in einem Körperschema aus der Zeit vor der Erkrankung verharren. Möglicherweise lässt sich dieses Defizit mit einer Virtual-Reality-Simulation beheben. Sie könnte dem Patienten die Diskrepanz zwischen der Schulterdrehung und den tatsächlichen Körpermaßen vor Augen führen.
Quelle: Beckmann N et al. Int J Eat Disord 2020; DOI: 10.1002/eat.23451