Kolorektales Karzinom Übergewichtige Patienten erhalten zu geringe Chemodosen
Relativ zu ihrer Körperoberfläche erhalten stark übergewichtige Personen im Rahmen einer Darmkrebsbehandlung niedrigere kumulative Dosen der adjuvanten Chemotherapie, als es bei Normalgewichtigen der Fall ist. In diesem Kontext erkannten Forschende eine systematisch schlechtere Prognose der adipösen Patienten, wenngleich die vorhandene Evidenz einige methodische Mängel aufweist.1
Kritischer zu Werke gingen die Chirurgin Dr. Corinna Slawinski von der University of Manchester und Kollegen in einer Metaanalyse, die sie im Rahmen des OCTOPUS-Projekts durchgeführt hatten.2 Anhand der Daten von 7.271 Patienten mit kolorektalem Karzinom aus vier randomisiert-kontrollierten Studien prüften sie die Methodik der Dosiskalkulation, die für die adjuvante Chemotherapie verwendet worden war. Zwei Messgrößen dienten dem Vergleich des Verhältnisses von tatsächlicher zu gewünschter Standarddosis in den jeweiligen Therapieregimen:
- ACRD, die mittlere kumulative relative Dosis. Sie entspricht dem prozentualen Anteil an der geplanten Standarddosis pro Einheit Körperoberfläche über einen Chemotherapiezyklus hinweg.
- ARDI, die mittlere relative Dosisintensität. Diese gibt den prozentualen Anteil an der geplanten Standarddosis pro Einheit Körperoberfläche an, geteilt durch die Anzahl der Behandlungswochen.
Ein Anstieg der ACRD um fünf Prozentpunkte war sowohl signifikant mit einer Verbesserung des krankheitsfreien Überlebens (Hazard Ratio [HR] 0,953; 95%-KI 0,926–0,979; p = 0,001) als auch des Gesamtüberlebens assoziiert (HR 0,931; 95%-KI 0,908–0,955; p = 0,05). Statistisch bedeutsame Zusammenhänge zwischen ARDI und der Prognose fanden sich dagegen nicht.
Schlechteres Outcome bei höherem BMI
Ferner ging ein Anstieg des BMI um fünf Punkte mit einer jeweils knapp 1%igen Abnahme der ACRD und der ARDI einher, erklärte die Referentin. An einem Beispiel bedeute dies, dass ein Patient mit einem BMI von 37,5 kg/m2 eine um 3 % geringere ACRD und ARDI erhält als eine Person mit einem BMI von 22,5 kg/m². Dr. Slawinski fügte an, dass die mittlere relative Dosisintensität wahrscheinlich ein weniger sensitiver Parameter zur Messung der Reduktion der kumulativen Chemotherapiedosis sei.
Für Erkrankte bedeutet ein höherer Body-Mass-Index also eine moderate Reduktion der ACRD – und ist damit mit einem schlechteren Outcome assoziiert, führte die Referentin aus. Auf Basis ihrer Ergebnisse hält sie die mittlere kumulierte Dosis für prognostisch bedeutsamer als eine durchschnittliche kumulierte Dosisintensität, für die sich in der Studie kein relevanter Einfluss auf das Überleben finden ließ.
Ergänzend gab Kommentatorin Professor Dr. Elizabeth Smyth vom Addenbrooke’s Hospital in Cambridge zu bedenken, man müsse besonders bei stark übergewichtigen Erkrankten gut abwägen, ob Dosisreduktionen in der adjuvanten Chemotherapie notwendig seien. Allerdings hänge die Dosierung von weiteren Faktoren ab, beispielsweise der Fitness des Patienten, Komorbiditäten wie Nierenfunktionsstörungen oder dem Ergebnis des Dihydropyrimidin-Dehydrogenase(DPD)-Tests.
Quellen:
1. Parkin E et al. Obes Rev 2014; 15: 434–451; DOI: 10.1111/obr.12140
2. Slawinski CGV et al. 2021 ESMO World Congress on Gastrointestinal Cancer (virtuell); Abstract O-4
ESMO World Congress on Gastrointestinal Cancer 2021 (virtuell)