Vorhofflimmern: Das können Patienten selbst für den stabilen Rhythmus tun
Zwar bleiben Arzneimittel zur Frequenz- und Rhythmuskontrolle, elektrophysiologische Interventionen und die Gerinnungshemmung die Säulen der Behandlung des Vorhofflimmerns, betonen Dr. Mina K. Chung, Kardiologin an der Cleveland Clinic, und ihre Kollegen. Dennoch könne eine ganz allgemein gesündere Lebensweise zu selteneren Flimmerepisoden und weniger postinterventionellen Rezidiven führen.
Mit einer umfangreichen Literaturrecherche in den einschlägigen Datenbanken haben Dr. Chung und ihre Kollegen wissenschaftliche Belege für solche Maßnahmen zusammengetragen.
Normalgewicht halten bzw. bei Übergewicht abnehmen
Übergewicht erhöht das Risiko für ein Vorhofflimmern (VHF) deutlich. Möglicherweise trägt es sogar kausal zur Arrhythmie bei, zum einen über Fettansammlungen in Perikard und Epikard, die dann die Reizleitungswege im Vorhof beeinflussen. Zum anderen verändert sich die Größe der Herzhöhlen durch überflüssige Pfunde, was die Rhythmusstörung begünstigt. Eine Gewichtsabnahme um mindestens 10 % und ein BMI unter 27 kg/m2 scheinen hier die kritischen Werte zu sein. Bei massiver Adipositas, die sich durch Diät alleine nachweislich nicht abbauen lässt, können Sie zusammen mit Ihrem Patienten evtl. eine bariatrische OP andenken.
Aber Vorsicht: Auch Untergewicht erweist sich manchmal für den Rhythmus als suboptimal. Vielleicht kommt es eher auf die Menge der fettfreien Körpermasse und die Fettverteilung als auf den BMI an.
Mehr bewegen
Eine Vielzahl von Fachgesellschaften rät zu mindestens 150 Minuten moderater oder 75 Minuten intensiver aerober körperlicher Aktivität pro Woche. Das soll primär Herz und Kreislauf fit halten. Möglicherweise reduziert die Bewegung aber auch die Gefahr für ein VHF und schwächt sogar das erhöhte Risiko durch Übergewicht ab. Außerdem könnte das Training die Lebensqualität bessern. Nun sagen viele Patienten, sie hätten keine Zeit zum Sport – für diese Gruppe könnte ein intensives Intervalltraining dreimal pro Woche für jeweils 40 Minuten eine – weiter zu prüfende – Alternative darstellen. Doch auch hier gilt: Allzu viel ist ungesund. Bei exzessiven Ausdauersportarten wie Marathon und Triathlon scheint die Flimmergefahr eher erhöht.
Schicken Sie Ihre Flimmerer auf die Yogamatte
Rauchstopp und ein allenfalls geringer Alkoholkonsum
Sowohl Rauchen als auch Alkoholkonsum steigern das Erkrankungsrisiko und die Rezidivgefahr eines VHF. Zur Unterstützung beim Rauchstopp können Sie Nikotinersatzpräparate wie Pflaster oder Kaugummis verschreiben, Verhaltenstherapien haben sich ebenfalls bewährt. Und was das „Gläschen in Ehren“ betrifft: Die US-amerikanischen Experten raten pro Woche zu maximal 14 Drinks (Männer) bzw. 7 Drinks (Frauen).Gefährliche Komorbiditäten behandeln
Eine Reihe chronischer Erkrankungen bringt den Vorhof ebenfalls aus dem Takt. Dazu gehören Diabetes mellitus, Hypertonie und obstruktive Schlafapnoe. Nach Symptomen Letzterer sollten Sie Ihre Patienten explizit fragen, denn oftmals geben sie die Beschwerden nicht von selbst an. Eventuell hilft es auch, „Schlafpartner“ zu nächtlichen Auffälligkeiten zu interviewen. Betroffenen könnte eine CPAP*-Unterstützung helfen. Bei Diabetes und Bluthochdruck bessert die Einstellung auf die jeweiligen Zielwerte die Rhythmuskontrolle. Alles schön und gut, sagen Sie – aber wie schafft man es, Patienten zu überzeugen, liebgewordene Gewohnheiten über Bord zu werfen, und das auch noch langfristig? Die Wissenschaftler empfehlen die Behandlung im interdisziplinären Team. Dazu gehören natürlich Hausarzt und Kardiologe, aber auch, je nach Bedarf, z.B. Schlafmediziner, Ernährungsberater, Physiotherapeuten und Psychologen. „Immer noch sind aber gute Untersuchungen Mangelware, die das Ausmaß der jeweiligen Veränderungen auf ein VHF testen“ betonen die Autoren abschließend. Vor allem randomisierte klinische Studien seien jetzt überfällig und müssten auch prüfen, mit welchen Strategien Patienten nicht nach ein paar Wochen wieder abspringen.* Continuous Positive Airway Pressure
Quellen:
1. Pressemitteilung der American Heart Association
2. Chung MK et al. Circulation 2020; 141: DOI: 10.1161/CIR.0000000000000748