Ventrikuläre Tachykardie VT-Ablation trotz lückenhafter Studienlage alternativlos?
Welcher Faktor bestimmt die Langzeitprognose nach der Ablation einer ventrikulären Tachykardie (VT): das Rezidivrisiko oder die Mortalität, fragte Professor Dr. Luigi Di Biase, Albert Einstein College of Medicine, New York. Und genügen zwölf Monate Follow-up oder müssen es fünf Jahre sein? Für den Kollegen stellen Medikation und ICD keine echte Konkurrenz zur Ablation dar. Eine langfristige Pharmakotherapie setzt Patienten Nebenwirkungen aus, was bei Amiodaron letal enden kann, und mit ICD drohen ihnen Schocks, argumentierte Dr. Di Biase. Inadäquate Schocks verschlechtern die Prognose und sollten unbedingt vermieden werden, unterstützte ihn Professor Dr. Stephan Willems, Asklepios Klinikum St. Georg in Hamburg.
Eine Analyse fasste 2016 die Daten von knapp 700 konsekutiven Patienten mit VT unterschiedlicher Genese zusammen und kam zu dem Schluss, dass vor allem diejenigen ohne strukturelle Herzschäden ein „exzellentes Outcome“ von einer gelungen Ablation erwarten dürfen. Betroffene mit ischämischer (ICM) oder nicht-ischämischer Kardiomyopathie (NICM) profitierten weniger: Bei NICM war besonders häufig ein Spenderherz nötig, in der ICM-Gruppe lag die Mortalität über den Beobachtungszeitraum von median sechs Jahren am höchsten.
Verödung schnitt besser ab als die Maximaldosis Amiodaron
Das heißt nicht, dass Patienten mit ICM gar nicht von der Verödung profitieren. Prof. Di Biase zitierte verschiedene Studien, nach denen sie die ICD-Implantationen um zwei Drittel und das Rezidivrisiko um knapp 40 % verringert. Selbst maximal aufdosiertes Amiodaron zog den Kürzeren, „und das ist es doch, was in der Praxis jeden Tag passiert – der Patient kommt mit ein bisschen Amiodaron und bekommt dann mehr oder er kommt mit Hochdosis-Amiodaron und kriegt noch eine andere Medikation obendrauf“, so der US-Kardiologe.
Substratbasierte Ablationen haben die Resultate bei strukturellen Herzerkankungen erheblich verbessert, wobei entscheidend ist, dass das Substrat wirklich komplett abladiert wird, wie eine Metaanalyse ergab. Zudem reduzieren endo-epikardiale Ablationen die Mortalität im Vergleich zu rein endokardialen.
Letztlich geht es nicht um die Grundsatzfrage, ob Ablation oder nicht, so Prof. Willems. „Wir müssen über Langzeit-Outcome reden, und dazu braucht es valide Daten aus randomisierten klinischen Studien.“ Für die ICM gibt es Studien, die zeigen, dass sich ICD-Implantationen und VT-Rezidive durch die Prozedur reduzieren lassen. Aber prognostische Daten fehlen, betonte der Hamburger Kollege.
Die Hinweise, dass eine frühe Ablation in den ersten vier Wochen nach Diagnose prognostischen Benefit trägt, stammen aus wenigen Beobachtungsstudien mit vergleichsweise kleinen Patientenzahlen.
Prof. Willems war Erstautor der BERLIN-VT-Studie, die bei ischämischer Kardiomyopathie nicht zeigen konnte, dass eine präventive Ablation vor der ICD-Implantation im Vergleich zur Ablation nach dem dritten ICD-Schock harte Endpunkte senkt. Zu diesen zählten Gesamtmortalität und Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz oder VT. Nirgendwo findet sich ein Hinweis, dass die Verödung Sterbefälle verhindert – nicht bei ICM und erst recht nicht bei anderen Entitäten, wo die Datenlage noch wesentlich spärlicher aussieht.
„Wir müssen alle irgendwann sterben, aber wenn ich für meine Patienten durch die Ablation ICD-Therapie, Schocks und VT-Stürme abwenden kann – und das ist belegt –, dann ist das für mich ein exzellentes Langzeitergebnis“, entgegnete Prof. Di Biase. Das ist sicher ein wichtiges Ziel, meinte Prof. Willems und ergänzte: „Aber wir müssen unsere Technik und dann hoffentlich auch die Prognose verbessern.“
Kongressbericht: ESC Congress 2021 – The Digital Experience