Long-COVID Was können Ärzte den Betroffenen raten?
Manche der von Long-COVID Betroffenen sind komplett arbeitsunfähig. Die meisten Erkrankten versuchen jedoch täglich, das Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen ihres Jobs und ihrer wegen Long-COVID verringerten kognitiven und körperlichen Fähigkeiten zu überwinden, schreibt ein Team um Prof. Dr. Rory O’Connor von der Klinik für Rehabilitation der Universität Leeds. Das wird vor allem in besonders anspruchsvollen oder körperlich anstrengenden Berufen deutlich. Fatigue als typisches Long-COVID-Symptom kann z.B. ein sicheres Führen von Maschinen unmöglich machen, während bei einer autonomen Dysfunktion langes Arbeiten im Stehen problematisch ist. Kognitive Einschränkungen stehen der Fähigkeit entgegen, komplexe Zusammenhänge schnell zu erfassen und sichere Entscheidungen zu treffen, und Schwierigkeiten beim Sprechen erschweren die Kommunikation. Hinzu kommen möglicherweise Schlafstörungen oder psychische Probleme.
Bestimmte Beschwerden sollten vor der Wiederaufnahme des Jobs sorgfältig abgeklärt werden, um Risiken zu minimieren. Hierzu gehören Schmerzen im Brustkorb, eine deutliche Verschlechterung der Symptome 24 bis 28 Stunden nach körperlicher oder geistiger Tätigkeit, Atemnot oder inadäquate Tachykardie bei Belastung sowie stattgehabte Lungenembolien. Wichtig ist zudem, kognitive Einschränkungen genau zu untersuchen und zu klären, inwieweit diese die Sicherheit während des Arbeitens gefährden könnten.
Patientinnen und Patienten mit Long-COVID, die wieder in den Job zurückkehren möchten, sollten gelernt haben, sich und ihre Symptome gut einschätzen zu können. Typischerweise fordern sich Betroffene oft zu stark und erleben dann einen Rückschlag mit völliger Erschöpfung. Auf Warnsymptome zu achten und regelmäßig Pausen einzulegen, ist daher entscheidend.
Die Beschwerden bei Long-COVID fluktuieren, was einen strikten Plan zur Wiederaufnahme der Arbeit oft unmöglich macht. Hilfreich sind insbesondere nach längerer Arbeitsunfähigkeit zunächst flexible Arbeitszeiten, die Möglichkeit des Homeoffice sowie professionelle Unterstützung auch darin, wie sich ausreichend Erholungspausen in den Alltag integrieren lassen. Betroffene sollten mit ihren Vorgesetzten sowie mit dem Betriebsarzt in einem persönlichen Gespräch einen individuellen Plan für die schrittweise Wiederaufnahme des Jobs erstellen. Auch wenn Angestellte nicht verpflichtet sind, medizinische Details einer Erkrankung gegenüber Arbeitgeberin oder Arbeitgeber zu benennen, ist es ratsam, diese über bestimmte Beschwerden zu informieren. So lassen sich ggf. entsprechend unterstützende Angebote ausarbeiten.
Führen die genannten Maßnahmen nicht zum Erfolg, könnte eine Umschulung sinnvoll sein. Möglicherweise ist auch unumgänglich, den Job aufzugeben bzw. in Frührente zu gehen. Grundsätzlich wichtig ist die Aufklärung über Arbeitsrechte sowie Möglichkeiten einer finanziellen Unterstützung. Für diese Themen stehen spezielle beratende Anlaufstellen zur Verfügung.
Quelle: O’Connor RJ et al. BMJ 2024; 385: e076508; DOI: 10.1136/bmj-2023-076508