Ein bisschen smarter dürft’s schon sein Wie praxistauglich sind die digitalen Insulinpens?

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Smartpens könnten durch ihre Datenspeicherung Therapiefehler reduzieren. Smartpens könnten durch ihre Datenspeicherung Therapiefehler reduzieren. © Iulia – stock.adobe.com

Smartpens und digitale Dosierkappen haben das Potenzial, die Lücke zwischen dem Glukosemonitoring und der Insulinapplikation zu schließen. Dass die Akzeptanz für die neue Diabetestechnologie bislang so verhalten ist, hat Gründe.

Smartpens und digitale Dosierkappen für herkömmliche Pens machen Daten zur Insulinapplikation digital verfügbar. Sie übermitteln diese Informationen an eine Smartphone-App oder direkt in die Cloud, wo sie analysiert werden. Verschiedene Funktionen unterstützen die Anwenderin oder den Anwender auf dieser Grundlage bei Entscheidungen bezüglich der Diabetestherapie. Je nach Komplexität der Systeme können das die Erinnerung zur Insulinzufuhr oder Warnmeldungen bei doppelter Gabe sein. Möglich sind auch die Anzeige der letzten Injektionen, der Batteriestatus oder ein integrierter Boluskalkulator.

Technologisch aufwendige Systeme können darüber hinaus Daten aus Cloud oder App empfangen, beschreibt ein Autorenteam um Prof. Dr. Lutz Heinemann von der Science-Consulting in Diabetes GmbH in Düsseldorf. Anhand der Blutglukosewerte, die gegebenenfalls über ein CGM*-System ermittelt worden sind, berechnet eine Software dann Dosisvorschläge für die manuelle Insulininjektion. Die eher einfachen digitalen Kappen, die auf herkömmliche Insulinpens aufgesteckt werden, transferieren hingegen nur wenige Informationen.

Die digitalen Pens und Kappen dürften vor allem für Menschen mit Typ-2-Diabetes interessant sein, die eine basal unterstützte orale Therapie durchführen und ihre Insulindosis selbstständig titrieren. Die Erinnerungsfunktionen und die Warnmeldungen bei drohender Doppelgabe lassen den Einsatz insbesondere für ältere Patientinnen und Patienten interessant erscheinen. 

Da die Smartpens die Insulinverabreichung dokumentieren und die Gefahr von Therapiefehlern reduzieren, sind auch ambulante Pflegedienste sowie Krankenhäuser, Alters- und Pflegeheime wichtige Zielgruppen für die neuen digitalen Insulinpens, schreibt das Autorenteam.

Die praktische Anwendung der digitalen Technologie wird aktuell unter anderem dadurch eingeschränkt, dass viele Menschen mit Diabetes ein prandiales Insulin und ein Basalinsulin von verschiedenen Herstellern verwenden. Aufgrund der fehlenden Kompatibilität müssen sie bei Verwendung der smarten Devices nicht nur auf verschiedene Pens oder Kappen, sondern auch auf unterschiedliche Apps zurückgreifen.

Darüber hinaus sind die derzeit auf dem Markt verfügbaren Smartpens nur mit einer eingeschränkten Auswahl an verschiedenen vernetzten Blutglukosemesssystemen, CGM-Systemen, Insulinpumpen und Auswertungsprogrammen kompatibel, berichten Prof. Heinemann und Kollegen. Daher lassen sich die vielfältigen therapeutischen Optionen der neuen Technologie noch nicht im breiten Einsatz verwenden. 

Erste Studien belegen Erfolge beim Diabetesmanagement

Auch bei der Evidenz für den klinischen Nutzen der Smartpens sehen die Autoren noch deutliche Lücken. Allerdings hätten die wenigen Studien, die es zu diesem Thema gibt, gezeigt, dass sich mit den Smartpens die HbA1c-Werte senken und Hyperglykämien vermeiden lassen.

* continuous glucose monitoring 

Quelle: Heinemann L et al. Diabetes Stoffw Herz 2024; 33: 88-93