Zertifizierung und Nachsorge als Erfolgsfaktoren der metabolischen Chirurgie

Autor: Friederike Klein

Bariatrische Operationen erfolgen in der Regel laparoskopisch. Für den Erfolg ist die Expertise entscheidend. Bariatrische Operationen erfolgen in der Regel laparoskopisch. Für den Erfolg ist die Expertise entscheidend. © Damian – stock.adobe.com

Die wesentlichen Erfolgsfaktoren der metabolischen Chirurgie sind ein erfahrener Chirurg an einem zertifizierten Zentrum sowie eine multidisziplinäre Nachsorge, welche die Patienten auch wahrnehmen, stellte Professor Dr. Jens Aberle, Endokrinologe und Diabetologe vom Universitären Adipositas-Centrum Hamburg-Eppendorf klar.

Die Erfolge der bariatrischen Chirurgie bei Adipositas und Diabetes sind beeindruckend. Nach einer retrospektiven Analyse war die Mortalität bei ex­trem übergewichtigen Patienten mit Typ-2-Dia­betes nach metabolischer Chirurgie gegenüber nicht operierten Patienten um den Faktor 3 reduziert.1 Prof. Aberle warnte aber: Die Erfahrungen mit der bariatrischen Chirurgie reichen zwar inzwischen 20 Jahre zurück, aber die Auswirkungen einer solch einschneidenden Maßnahme über die Lebensspanne hinweg sind noch nicht sicher abzuschätzen.

Die Reoperationsrate ist hoch – bis zu 22 % der Patienten müssen sich innerhalb der nächsten fünf Jahre erneut einer Operation unterziehen.2 Alarmierend findet er, dass viele der bariatrischen Eingriffe in Deutschland in nicht-zertifizierten Zentren durchgeführt werden.

Nach dem Barmer-GEK-Krankenhausreport von 2016 bieten rund 350 Krankenhäuser in Deutschland bariatrische Operationen an, doch nur 44 Kliniken waren zu diesem Zeitpunkt von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) zertifiziert. Die Komplikationsraten und die 30-Tage-Mortalität sind beispielsweise bei Magenbypass in nicht zertifizierten Zentren deutlich höher als in zertifizierten Einrichtungen und abhängig von der Fallzahl.3 „Suchen Sie bei der Überweisung nach einem zertifizierten Zentrum“, ist deshalb Prof. Aberles Bitte an die Kollegen. Aktuell sind 78 Zentren von der DGAV zertifiziert (Stand: Oktober 2019).

Die Nachsorge ist ein wesentlicher Faktor für den langfristigen Erfolg der metabolischen Chirurgie und die Vermeidung von Komplikationen. Wichtig für eine Minimierung der Langzeitkomplikationsrate ist die Nachsorgeadhärenz der Patienten. Nachsorgetermine sollten leitlinienkonform nach einem, drei, sechs, zwölf, 18 und 24 Monaten und anschließend jährlich wahrgenommen werden. Prof. Aberle plädiert dafür, die Nachsorge in die Hände der dia­betischen Schwerpunktpraxen in Kooperation mit Adipositaszentren zu legen.

Ein zentraler Bestandteil der Nachsorge ist die Supplementierung – bei einem Magenbypass sogar lebenslang. Prof. Aberle wies darauf hin, dass trotz einer leitliniengemäßen Nährstoffergänzung insbesondere in den ersten Monaten nach OP Mangelzustände auftreten können, die kontrolliert und ernst genommen werden müssen. So ist ein Vitamin-B₁-Mangel mit Muskelschwäche und Ödemen häufig und kann zu einer Wernecke-Enzephalopathie und bei chronischem Mangel zu einem Korsakov-Syndrom führen.

Ein vorbestehender gastroösophagealer Reflux kann sich nach dem Eingriff bessern, aber insbesondere nach Schlauchmagenanlage auch neu auftreten. Weil eine Refluxerkrankung und ein sich entwickelnder Barett-Ösophagus nicht immer symptomatisch werden, empfiehlt das Hamburger Adipositaszentrum, einige Jahre nach dem Eingriff eine Gastroskopie durchführen zu lassen.

Vorbestehende psychische Symptome können sich nach der OP verbessern, aber vielfach wurde auch eine erhöhte psychische Morbidität nach bariatrischer Chirurgie beobachtet. Deshalb gehört nach den Leitlinien auch die proaktive Befragung zum psychischen Status im Sinne eines Screenings auf Depression, Suizidalität, selbstverletzendes Verhalten oder problematischen Alkoholkonsum mit zur Nachsorge.

Quellen:
1 Fisher DP et al. JAMA 2018; 320: 1570-1582; DOI: 10.1001/jama.2018.14619
2 Peterli R et al. JAMA 2018; 319: 255-265; DOI: 10.1001/jama.2017.20897
3 Stroh C et al. Obes Surg 2017; 27: 445-453; DOI: 10.1007/s11695-016-2340-8

Kongressbericht: Diabetes Kongress 2019