Angst vor Meldepflicht Auf COVID-Test folgt Abschiebung
Wer keinen geregelten Aufenthaltsstatus hat und medizinische Versorgung benötigt, kann beim Sozialamt einen Behandlungsschein beantragen. Nach § 87 des Aufenthaltsgesetzes ist das Sozialamt aber verpflichtet, diese Menschen ohne gültigen Aufenthaltstitel an die Ausländerbehörde zu melden. Ihnen droht dann die Abschiebung.
Aus Angst davor, ihre gesamte Existenz zu verlieren, vermeiden deswegen hunderttausende Menschen notwendige Arztbesuche – Menschen, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert haben, chronisch Kranke, die dringend Medikamente bräuchten, Kinder oder Schwangere, die Vorsorgeuntersuchungen und medizinische Versorgung brauchen. So beschreibt die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) die Situation.
Deswegen hat die NGO jetzt eine förmliche Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingereicht. Unterstützt wird sie dabei von Ärzten der Welt e.V., dem Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte sowie zahlreichen anderen Organisationen.
Die Beschwerde richtet sich dagegen, dass die vorgeschriebene Datenweitergabe an die Ausländerbehörde Menschen ohne Papiere davon abhält, ihr verfassungs- und europarechtlich verbürgtes Recht auf medizinische Versorgung wahrzunehmen. „Wir dürfen nicht zulassen, dass in Deutschland hunderttausende Menschen keinen Zugang zu ärztlicher Versorgung haben und selbst Kinder keine ärztliche Behandlung erhalten“, unterstreicht Sarah Lincoln, Juristin bei der GFF.
Deutschland wurde schon mehrfach international für die aufenthaltsrechtliche Übermittlungspflicht im Gesundheitswesen kritisiert. Die Bundesregierung habe zuletzt erst im Mai 2021 in ihrem Rechenschaftsbericht zum UN-Frauenrechtsausschuss erneut ausdrücklich abgelehnt, den Paragrafen 87 des Aufenthaltsgesetzes anzupassen, wie Ärzte der Welt informiert.
Medical-Tribune-Bericht