Bachelor-Inflation ruiniert die Qualität
Bei der Lektüre dieser Zeitungsmeldung fielen mir doch glatt die letzten Haare vom ohnehin nur noch spärlich bestückten Schädel: Der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks hat anlässlich seiner Mitgliederversammlung die Einführung eines Bachelor-Studiengangs "Beauty Management" angekündigt. Der Irrsinn nimmt also kein Ende. Immer mehr Branchen drängen mittlerweile darauf, ihre Ausbildungsgänge zu akademisieren. Sie hoffen, damit das Image der Branche aufzuhübschen und so für den Berufsnachwuchs attraktiver zu werden.
Diese Inflation ist eine indirekte Folge der unsäglichen Bologna-Reform, mit der die Bachelor-Master-Ausbildung an den europäischen Hochschulen verbindlich geregelt wurde. Der damit verbundene Qualitätsverfall der Universitätsausbildung führte dazu, dass junge Leute heute einen Bachelor-Abschluss in der Hand haben, der eigentlich weniger wert ist als das frühere Vordiplom. Das müssen sie spätestens bei der Jobsuche erkennen, denn ohne Master geht dabei angesichts einer enormen Zahl von Mitbewerbern gar nichts.
Goethes Faust sagt es in seinem Eingangsmonolog: "Heiße Magister, heiße Doktor gar …". Ende des 18. Jahrhunderts war der Magister also offenbar noch etwas ganz Besonderes, der Doktor wohl die Krönung der beruflichen Karriere schlechthin. Das war im Großen und Ganzen so bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Dann begann die Zeit, in der möglichst viele Kinder Abitur machen und studieren sollten. Die Folge: Mit der steigenden Zahl von Abiturienten ging eine Entwertung des Abschlusses einher.
"Inzwischen kann man hier Spaziergang und Coffee- Management studieren!"
Und das setzte sich fort: Letztlich entspricht ein Abitur heute in etwa dem, was vor Jahrzehnten ein Realschulabschluss war, der Bachelor heute hat ungefähr den Wert eines Fachabiturs oder einer Facharbeiterausbildung, der heutige Master ist so wertvoll wie der Meistertitel, den ein Facharbeiter nach der Berufsausbildung erwirbt. Wie bei jeder Inflation gilt: Wovon es zu viel gibt, das sinkt im Wert. Die ausgeteilten Papiere verlieren an Bedeutung – egal, ob es sich dabei um Geld oder um Zeugnisse handelt.
Um auf die eingangs erwähnte Bachelor-Schwemme zurückzukommen: Kleine Auswahl weiterer in Deutschland angebotener Studienfächer gefällig? Bitte sehr: Wie wär’s mit Coffee-Management, mit Esoterik oder Promenadologie, mit Körperpflege oder Onomastik, mit Kristallografie, Puppenspiel oder Blockflöte? Die Eurhythmie-Absolventen können ihren Namen bestimmt ganz besonders schön tanzen. Am besten hätte mir seinerzeit indes das Fach "Angewandte Freizeitwissenschaften" gefallen. Gab es damals aber noch nicht. Schade, denn da hätte ich mir schon ein Prädikatsexamen zugetraut!
So, jetzt aber genug. Ich muss Schluss machen. Habe heute noch einen Fußpflege-Termin. Die Bachelorette (Fachrichtung Pediküre) wartet gewiss schon mit ihrer akademisch geschulten Nagelschere …