Debatte um Grundversorgung: „Fake News und Propaganda“
In der Diskussion um die Kompetenzen der ärztlichen Grundversorger wirft der Vorsitzende des Spitzenverbandes der Fachärzte (SpiFa), Dr. Dirk Heinrich, dem Hausärzteverband vor, mit „Fake News und Propaganda“ gearbeitet und fälschlich behauptet zu haben, „die Fachärzte wollen den Hausärzten etwas wegnehmen“.
Grundversorgung von Haus- auf Fachärzte ausdehnen
Dr. Heinrichs Äußerung ist nicht nur wegen ihrer Schärfe bemerkenswert, sondern auch wegen des Ortes: Immerhin sprach der Hamburger HNO-Arzt nicht als SpiFa-Chef, sondern als Bundesvorsitzender des NAV-Virchow-Bundes, zu dem bekanntlich auch Hausärzte gehören. Kein Wunder also, dass einige Delegierte bei der NAV-Jahresversammlung versöhnliche Töne gegenüber den Hausärzten anmahnten. Woraufhin Dr. Heinrich klarstellte, dass es „keinen einzigen Austritt“ beim NAV gegeben habe wegen des Streits mit dem Hausärzteverband.
Der Konflikt schwelt seit dem Sommer dieses Jahres. Er geht auf ein SpiFa-Papier zurück, in dem dieser unter anderem fordert, den Grundversorgungsanspruch deutlich von Haus- auf Fachärzte auszudehnen. Laut SpiFa geht es dabei vor allem um ein Ende der Budgetierung für alle niedergelassenen Ärzte. Der Chef des Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt, empfindet dagegen das Papier als „vergiftetes“ Angebot, mit dem in fremdem Revier gewildert werden soll.
Bei der NAV-Tagung sprach auch SpiFa-Hauptgeschäftsführer Lars Lindemann als Gastredner. Er strebe weiter eine Zusammenarbeit mit dem Hausärzteverband an, sagte der Jurist, die Grundversorger-Debatte sei sowieso „ein absurder Funktionärsstreit, der mit der Lebensrealität der Ärzte nicht viel zu tun hat“.
Verdacht: Eskalation war aus politischen Gründen gewollt
Auch Dr. Heinrich bekräftigte seinen Willen zur Zusammenarbeit. Nur würden leider seine schriftlichen Gesprächsangebote von Hausärztechef Weigeldt ignoriert. Er könne schließlich nicht bei den Hausärzten „hausieren“ gehen, um gehört zu werden, so Dr. Heinrich. Er vermutet politische Gründe für die Eskalation. Offenbar habe der Hausärzteverband den „Streit vor den Koalitionsverhandlungen gewollt“, meint der NAV-Vorsitzende.
Mit Blick auf die laufenden Jamaika-Gespräche formulierte der NAV eigene Forderungen an die kommende Bundesregierung. Dr. Heinrich wünschte sich vor allem klare Bekenntnisse zur Freiberuflichkeit der Ärzte, zur Selbstverwaltung und zu einem Ende der Budgetierung. Untermauert wurde dies durch diverse Beschlüsse.
Aufgegriffen wurde Dr. Heinrichs Forderung, die Budgetierung zunächst bei haus- und fachärztlichen Grundversorgern zu beenden, ergänzt durch eine „sozial gestaltete Eigenbeteiligung oder durch eine Steuerung der Inanspruchnahme“, wie es im entsprechenden Antrag hieß.