Deutsche Krebsgesellschaft zertifizierte bereits 1395 Krebszentren in Europa

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Fast 1500 Zentren in Europa verfügen bereits über ein DKG-Zertifikat. Fast 1500 Zentren in Europa verfügen bereits über ein DKG-Zertifikat. © iStock/sanjeri

Jüngst meldete die Deutsche Krebsgesellschaft, dass das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg als „Onkologisches Zentrum“ zertifiziert wurde. Was sind onkologische Zentren und wie viele zertifizierte Zentren gibt es? Wir verschaffen den Überblick.

Wie Dirk Jäger, Geschäftsführender und Ärztlicher Direktor am NCT Heidelberg, anlässlich der Zertifizierung erklärte, erstreckt sich das „Onkologische Zentrum“ als Dachorganisation über alle zertifizierten Organkrebszentren am Universitätsklinikum Heidelberg. Das Onkologische Zentrum dürfe man sich nicht als einzelnes Gebäude oder eine einzelne Abteilung vorstellen – gemeint sei vielmehr die organisatorische Vernetzung vieler Abteilungen und Kliniken auf dem Campus Heidelberg sowie mit zahlreichen regionalen Partnern.

Alles begann mit Kriterien für die Brustkrebsbehandlung

Der Ursprung der Zertifizierungen onkologischer Einrichtungen in Deutschland liegt im Jahr 2003. Damals hatten die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) und die Deutsche Gesellschaft für Senologie einen interdisziplinären Anforderungskatalog zur Zertifizierung von Behandlungseinrichtungen für Brustkrebs entwickelt. Hieraus resultierte schließlich ein bundesweites Zertifizierungssystem für onkologische Leistungserbringer und die Ausweitung auf weitere Tumorentitäten. Von den Krankenkassen wurde das begrüßt. Laut Barmer war „ein Paradigmenwechsel in der Krebsversorgung gelungen“.

Größtes europäisches Zertifizierungssystem

1395 DKG-zertifizierte Standorte gibt es europaweit. Darunter 87 Zentren in der Schweiz, Österreich, Luxemburg, Italien und Russland. In Deutschland verfügen 916 Organkrebszentren, 121 Onkologische Zentren und 130 CCC-Einrichtungen über ein Zertifikat. Das DKG-Zertifizierungssystem ist inzwischen zum größten in Europa geworden. Einen wochenaktuellen Überblick ermöglicht die Webseite www.oncoMap.de, betrieben von der DKG und der OnkoZert GmbH, einem unabhängigen Institut, das im Auftrag der DKG onkologische Einrichtungen zertifiziert. Im März kündigte die DKG an, ihre Aktivitäten auch auf den nicht-deutschsprachigen Raum auszudehnen.

Mit Erarbeitung des Nationalen Krebsplans (NKP) 2008 wurden die Zertifizierungen forciert, nun auch im Hinblick auf onkologische „Zentren“, in denen alle an der Behandlung eines Krebspatienten Beteiligten – darunter Chirurgen, Radioonkologen, Pathologen, Experten für die medikamentöse Tumortherapie, onkologische Pflegekräfte, Psychoonkologen und Sozialarbeiter – zusammenarbeiten. Vorgegeben wurde durch den NKP auch eine dreistufige Versorgungsstruktur (Ziel 5), die Organkrebszentren, Onkologische Zentren und Onkologische Spitzenzentren umfasst:
  • Organkrebszentren (C) sind auf ein Organ spezialisiert. Sie sollen möglichst flächendeckend für die häufigen Tumorentitäten verfügbar sein. Im Fokus stehen Brustkrebs, Darmkrebs, Gynäkologische Krebserkrankungen, Haut-, Lungen- und Prostatakrebs.
  • Onkologische Zentren (CC) sind auf mehrere Organe spezialisiert, mehrere Organkrebszentren arbeiten unter einem Dach zusammen, so wie es beim NCT in Heidelberg der Fall ist. Darunter fallen auch die Zertifizierungen zum Viszeralonkologischen und zum Uroonkologischen Zentrum. Verpflichtender Bestandteil eines Viszeralonkologischen Zentrums ist ein zertifiziertes Darmkrebszentrum. Dazu kommt mindes­tens eine weitere Tumorentität, z.B. über die Einbindung eines zertifizierten Leberkrebs-, Magenkrebs-, Pankreaskarzinom- und/oder Speiseröhrenkrebszentrums. Bei Uroonkologischen Zentren ist ein zertifiziertes Prostatakrebszentrum Voraussetzung plus eine weitere Tumorentität, z.B. ein zertifiziertes Nierenkrebs- und/oder Harnblasenkrebszentrums.
  • Onkologische Spitzenzentren (CCC) sind Zentren mit Forschungsschwerpunkten. CCC gibt es an 16 universitären Standorten. Seit 2009 arbeiten diese Einrichtungen im Verbund der Onkologischen Spitzenzentren, dem CCC-Netzwerk, zusammen. Vordringliche Aufgabe ist nach Aussage des Netzwerk-Initiators Deutsche Krebshilfe, „Impulse in der translationalen Krebsforschung zu setzen, um neue Erkenntnisse schnell und effektiv in klinische Anwendungen zum Wohle der Krebspatienten zu überführen“. Themengebiete sind z.B. Standard Operating Procedures, Gewebebanken oder Psychoonkologie.

Von der Diagnose über Therapie bis zur Nachsorge

Die Kriterien für die Bewertung wurden bzw. werden von Zertifizierungskommissionen erarbeitet und gemeinsam mit den Leitlinien weiterentwickelt. In diesen Kommissionen arbeiten 30 Mandatsträger aus onkologisch tätigen Fachgesellschaften, Berufsverbänden, Arbeitsgemeinschaften und der Selbsthilfe mit. Die korrekte Durchführung der Zertifizierungsverfahren wird vom Ausschuss Zertifikatserteilung überprüft. Basis hierfür sind u.a. sog. Erhebungsbögen, die die Versorgung der Patienten von der Diagnose über die Therapie bis hin zur Nachsorge und die Erfüllung der von den Kommissionen definierten fachlichen Anforderungen abbilden. Die Kriterien betreffen die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität. Die im Ausschuss tätigen Fachexperten vergeben letztlich anhand der Ergebnisse das Zertifikat – oder eben nicht. Ausgestellt wird ein Zertifikat immer für einen Zeitraum von drei Jahren – mit jährlichen Audits.

Medical-Tribune-Bericht