Appell an Politik „Gesundes-Herz-Gesetz“: Prävention ganzheitlich denken!

Autor: Angela Monecke

Hohe Zuckerwerte schaden oft dem Herzen. Volkskrankheiten sollte man deshalb im Zusammenspiel sehen, raten Fachleute. Hohe Zuckerwerte schaden oft dem Herzen. Volkskrankheiten sollte man deshalb im Zusammenspiel sehen, raten Fachleute. © KaterynaNovikova – stock.adobe.com

Das geplante „Herz-Gesetz“ ist zu kurz gedacht. Darauf weist die DDG hin. Einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen will das BMG bis zur Sommerpause vorlegen. Zwar begrüßt die Fachgesellschaft die Initiative, ein „selektives Maßnahmenpaket“, das Volkskrankheiten wie Diabetes und Adipositas nicht berücksichtige, reiche allerdings nicht aus.

Bevor das Herz erkrankt, trifft es oft erst andere Organe; Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Adipositas könnten allerdings bereits Vorläufer von Herzerkrankungen sein, erklärt die DDG. Seit über 20 Jahren sei bekannt, dass Lebensstilfaktoren wie ungesunde Ernährung, wenig Bewegung, Rauchen und zu viel Alkohol schon für weitere Krankheitsbilder verantwortlich sind – vor allem für Typ-2-Diabetes und damit verbundene Erkrankungen wie Fettleber, obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom, chronische Nierenerkrankung (CKD) sowie neurodegenerative Erkrankungen –, bevor sie kardiovaskuläre Erkrankungen auslösen, erklärt DDG Präsident Professor Dr. Andreas Fritsche.

BMG soll nicht nur aufs Herz schauen

Diabetes mellitus gelte als Treiber von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie aktuelle Forschungsergebnisse zeigten. So sterben bis zu drei Viertel der Menschen mit Diabetes an Herzinfarkten und Schlaganfällen. Ein zwei- bis vierfach erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen – bei Frauen ist das Risiko sogar um das Sechsfache höher – bringen Menschen mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes mit.

Dass das BMG „Volkskrankheiten als ein Zusammenspiel versteht und die geplanten Präventionsmaßnahmen nicht isoliert auf das Herz bezieht“, wünscht sich auch Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der DDG und Sprecherin der Deutschen Allianz Nichtübertragbarer Krankheiten (DANK). Für das geplante Präventionsgesetz gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatte das BMG bereits im Oktober 2023 in einem Impulspapier vier Handlungsfelder definiert (wir berichteten; siehe auch die Stellungnahme der DDG): die Früherkennung bei Kindern und Jugendlichen sowie bei Erwachsenen verbessern, die Disease-Management-Programme (DMP) erweitern und den Nikotinkonsum reduzieren. „Diese Punkte können wir so unterschreiben und begrüßen es ausdrücklich, dass Gesundheitsprävention wieder auf die politische Agenda gesetzt wird“, so Professor Dr. Baptist Gallwitz, Mediensprecher der DDG.

Prävention muss in Kita und Schulen starten

Keine chronische Erkrankung könne allerdings nur für sich stehen, so Barbara Bitzer. Schon für die Nationale Diabetesstrategie (NDS) – deren Start hatte der Bundestag im Juli 2020 beschlossen – seien seinerzeit deshalb ganzheitliche Präventionsmaßnahmen gefordert worden, die auch anderen Volkskrankheiten vorbeugen, vor allem die Förderung von täglichen Bewegungszielen in Kitas und Schulen, die Einführung einer Zucker- und Fettsteuer sowie verbindlicher Qualitätsstandards für die Verpflegung in Kitas und Schulen und mehr Kinderschutz in der Lebensmittelwerbung.

In einem Gesamtkonzept, das auf die größten Volkskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall, Bluthochdruck und Adipositas fokussiert, könnten hingegen Ressourcen gebündelt, sinnvoll eingesetzt und die Prävention so wirksamer umgesetzt werden. Denn eine ganzheitliche Präventionsstrategie sei nur mit einem umfassenden „Health in all Policies“-Ansatz möglich, um das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen zu reduzieren und die NDS konsequent fortführen zu können, heißt es seitens der DDG.

Diabetes in Europa: DDG für Prävention ohne Grenzen!

Mit Blick auf die Europawahlen im Juni weist die DDG erneut auf die Diabetes-Epidemie in der EU hin: Fast 32 Millionen Menschen mit Diabetes leben in den 27 EU-Mitgliedstaaten. Bis 2030 wird die Zahl voraussichtlich die 33-Millionen-Marke überschreiten – und damit werden die derzeit jährlich schon fast 700.000 Todesfälle aufgrund von Diabetes oder seiner Folgeerkrankungen weiter ansteigen. Noch mehr in Präventionsmaßnahmen gegen Volkskrankheiten wie Diabetes müsse daher investiert werden. Eine „umgesetzte Nationale Diabetesstrategie“ könnte hier „ein gutes Vorbild für eine europäische Diabetesstrategie sein“, so Prof. Dr. Baptist Gallwitz. Deren „verhältnis- wie verhaltenspräventiven Ansätze“ würden „Synergien mit einem nachweislich guten Effekt“ schaffen.

Einen solch übergreifenden Ansatz forderten auch WHO und DANK. Doch weder in dem vorgelegten Impulspapier noch in der aktuellen Kommunikation des BMG finde sich dieser wieder, kritisiert die DDG-Geschäftsführerin. 

Diabetesstrategie in der Schublade

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft appelliert daher an die Politik, längst fällige Schritte der Nationalen Diabetesstrategie endlich anzugehen. „Seit der Verabschiedung im Sommer 2020 schlummert die NDS in der Schublade der vergessenen Vorhaben und wartet auf eine Überführung in einen nationalen Rahmenplan“, so Prof. Gallwitz. Dass das BMG jetzt mit einem neuen Präventionsgesetz „um die Ecke“ komme, „nicht aber bereits gestartete Vorhaben“ konkretisiere, sei „unverständlich“. Die Fachgesellschaft hofft, dass das BMG „geeignete Strukturen und die Finanzierung“ schaffe, um gegen die steigende Zahl an Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzugehen.