Gesundes-Herz-Gesetz Krankenkassen, GB-A, KBV und Medizinvertreter beanstanden fehlende Evidenz für geplante Regelungen
Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA, sagte, dass die auf das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung fokussierten Ansätze die Zielsetzung konterkarieren würden, die individuelle Gesundheitskompetenz zu verbessern und für möglichst gesundheitsfördernde Lebensbedingungen zu sorgen. Außerdem widersprechen sie dem essenziellen Grundgedanken, dass Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nachweislich wirksam und gut sein müssen.
Auch die Kassen selbst äußern deutlichen Unmut. Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek), beispielsweise sagte, das Gesetz geht in die völlig falsche Richtung. „Statt die Menschen zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, etwa durch bessere Ernährung oder mehr Bewegung, sollen Krankheitssymptome mit Medikamenten behandelt werden, deren Nutzen nicht einmal klar nachgewiesen ist.“ Damit fördere man eine Medikalisierung von Krankheitsrisiken, ohne an die Ursachen zu gehen. Die Umsetzung mittels Verordnungsermächtigung sei ein weiterer Schritt in Richtung Staatsmedizin.
Die KBV bläst ins gleiche Horn: Patientenversorgung per Verordnung aus dem Ministerium sei ein falscher Ansatz. „Evidenz und Wirtschaftlichkeit gelten dann nicht mehr und somit stellt das Gesetz einen radikalen Systembruch dar, der die gesetzlichen Regelungen des Sozialgesetzbuches konterkariert“, erklären die Vorstände der KBV zum Referentenentwurf.
Auch das Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V. kritisiert, dass ein Großteil der Neuregelungen Grundsätze der evidenzbasierten Einführung von Leistungen aushebelt. Besonders kritisch sei die Ausweitung der Leistungen der gesetzlichen Kassen ohne systematische Bewertung der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit. Die Regelungen seien auf der Basis von Expertenkonsultation formuliert worden und mögliche Interessenkonflikte nicht berücksichtigt. Das bahne Fehl- und Überversorgung neue Wege und berge erhebliche monetäre Fehlanreize. So missachte der Ausbau der Gesundheitsuntersuchungen z. B. wissenschaftliche Evidenz zur unklaren Wirksamkeit solcher Check-ups. Darüber hinaus verhindern die Regelungen informierte Entscheidungen der Bürgerinnen und Bürger und schwächen deren Gesundheitskompetenz.
Genauso kritisch zu sehen sei die angestrebte Ausweitung der Aufgaben der Apotheken. Denn die Feststellung von kardiovaskulären Risiken und eine präventive Beratung setze Kompetenzen für eine evidenzbasierte, personenzentrierte Information und Beratung voraus.
Quelle: Medical-Tribune-Bericht