Blutdruckmessen in der Apotheke GKV-Verband und KV klagen erfolglos gegen pharmazeutische Dienstleistungen

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

Zwei Klagen waren beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg anhängig. Zwei Klagen waren beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg anhängig. © Dragana Gordic - stock.adobe.com

Mit dem 2020 beschlossenen „Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken“ stieß der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Apothekentür für extra vergütete Beratungen und Dienste auf.

Sein Amtsnachfolger Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) möchte das Angebot der „pharmazeutischen Dienstleistungen“ (pDL) um weitere präventive Aufgaben erweitern. Bislang gehören zu den pDL z. B. der Medikamentencheck bei Polymedikation, das Üben von Inhalationstechnik oder die standardisierte Blutdruckmessung.

Das Angebot und die dafür veranschlagten Preise störten von Beginn an Vertreter:innen von Krankenkassen und KV. Zwei Klagen waren beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg anhängig. Dessen 4. Senat entschied nun: Apotheken dürfen weiterhin pDL erbringen.

Weil sich Kassen und Apotheken über die pDL nicht einigen konnten, war 2022 ein Schiedsspruch ergangen. Der GKV-Spitzenverband war allerdings der Auffassung, die Schiedsstelle habe eine standardisierte Blutdruckmessung nicht als pDL festsetzen dürfen; außerdem sei die Vergütung für alle fünf Angebote zu hoch und mit Fehlern festgesetzt worden. Die Klage dagegen jedoch wurde abgewiesen.

Der LSG-Senat bestätigt, dass sich aus Wortlaut und Begründung des Gesetzes nur wenige Hinweise ergeben, welche Leistungen einer Apotheke als pDL infrage kommen. Er billigt aber der Schiedsstelle weite Entscheidungsspielräume zu; schon eine „andeutungsweise“ Begründung genüge. Diesen Anforderungen habe der Schiedsspruch entsprochen. Falls der Schiedsstelle bei der Berechnung der Vergütungshöhe Fehler im Detail unterliefen, gehe das nicht zu ihren Lasten. Denn sie sei grundsätzlich nicht verpflichtet, Rechenschritte offenzulegen. Dass Apotheken für eine standardisierte Blutdruckmessung ggf. mehr Geld bekommen als niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, war für die Entscheidung des Gerichts „ohne Bedeutung“, heißt es in der Pressemitteilung.

Auch das juristische Vorgehen der KV Hessen blieb erfolglos. Diese sah den Schiedsspruch als Eingriff in ihre gesetzliche Aufgabe an – die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung. Ihre Klage war aber unzulässig, da eine KV durch Regelungen zu pDL „in keiner Weise in eigenen Rechten verletzt sein kann“.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Kläger können beim Bundessozialgericht die Revision einlegen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Senat jeweils die Revision zugelassen. Die schriftlichen Begründungen der Entscheidungen sollen zeitnah online veröffentlicht werden.

LSG Berlin-Brandenburg, Urteile v. 23.10.2024, Az.: L 4 KR 254/22 KL und L 4 KR 289/22 KL