Podcast-Miniserie Hier wird offen über Fehler geredet!
Im Wartebereich einer Klinik sitzen Kinder mit zentralem Venenkatheter. Es ist Routine für die Kleinen, in den letzten Wochen waren sie oft wegen ihrer Chemotherapie dort. Damit sie sich nicht langweilen, gibt eine Krankenpflegerin ihnen leere Spritzen zum Spielen. Wenig später kann sie gerade noch verhindern, dass die Kinder sich Luft spritzen.
Diese Beinahe-Katastrophe schildert ein anonymer Arzt im Podcast O-Ton Innere Medizin. Es ist der Auftakt einer Miniserie zur Fehlerkultur in der Medizin. In der ersten Folge geht es um den Status quo der Fehlermeldesysteme in Krankenhäusern.
Meldungen erfolgen meist freiwillig namentlich
Im konkreten Fall wurde das Geschehen im Rahmen des internen Fehlermanagements besprochen. Die Meldewege würden in seiner Klinik erfreulicherweise gut funktionieren, erzählt der Arzt. Obwohl medizinische Fachkräfte sowie Ärztinnen und Ärzte stets die Wahl haben, ob sie einen Vorfall anonym oder offen in das CIR-System (Critical Incident Reporting System) eintragen, erfolgen 80 % der Meldungen namentlich. Das mache es deutlich leichter, Rückfragen zu stellen und das Geschehen im Nachhinein aufzuarbeiten, resümiert der Mediziner.
Einmal im Quartal findet außerdem eine Mortalitäts- und Morbiditätskonferenz statt, bei der ausgewählte Todesfälle und schwere Krankheitsverläufe besprochen werden. Es gilt zu klären, ob die Vorkommnisse unvermeidbar waren oder ob Fehler oder Versäumnisse dazu beitrugen. Die Debatte werde lebendig, offen und konstruktiv geführt, berichtet der Arzt. Ziel sei es, Verbesserungen für zukünftige Fälle abzuleiten.
Bevor ein kritisches Ereignis überhaupt systematisch erfasst werden kann, heißt es, weiteren Schaden von den Betroffenen abzuwenden und Ruhe in die Situation zu bringen. Der Mediziner hilft unerfahrenen Ärztinnen und Ärzten aus der Distanz eines Dritten, die Situation zu strukturieren. „Was müssen wir heute gemeinsam tun? Wen müssen wir informieren? Als Vorgesetzter helfe ich dir dabei. “
Auch er selbst hat in seiner Laufbahn schon Fehler gemacht, die er in der Podcastfolge offen schildert. Ihm half das Vertrauen seiner Vorgesetzten, um wieder selbstsicher behandeln zu können. Doch längst nicht alle Ärztinnen und Ärzte bleiben nach einem kritischen Ereignis psychisch unbeschadet. Die Prävalenz des sog. „Second-Victim-Phänomens“ in der Medizin ist hoch, dennoch wissen die wenigsten, was darunter überhaupt zu verstehen ist. Daher wird es in der zweiten Folge von O-Ton Innere Medizin um die Symptome des Phänomens und um psychosoziale Unterstützungsangebote für Betroffene gehen.
Wie informiert man Patienten rechtssicher über Fehler?
In der dritten Folgen erklären eine Ärztin, eine Kommunikationstrainerin und ein Rechtsanwalt, wie man Patientinnen und Patienten deeskalierend und rechtssicher vermitteln kann, dass ein Fehler passiert ist. Was darf eingestanden werden, ohne später juristisch belangt werden zu können? Worauf ist bei Aufklärung und Dokumentation zu achten? Und wie kommuniziert man den Vorfall gegenüber Vorgesetzten?
Eine weitere Folge nimmt strukturelle Ursachen für Fehler im Medizinbetrieb in den Blick. Und in der letzten Folge der Miniserie wird es um „menschliche Faktoren“ gehen, die zu Fehlern und einer schlechten Kommunikation darüber führen können. Denn oft genug gibt es Fälle, in denen Ärzten oder medizinischen Fachkräften längst klar ist, dass bei einer Behandlung gerade etwas schief läuft – und sie schweigen trotzdem. Die Folgen der Miniserie erscheinen jeden zweiten Donnerstag auf den gängigen Podcast-Plattformen. Hören Sie rein!
Medical-Tribune-Bericht
Mehr zum O-Ton Innere Medizin
O-Ton Innere Medizin gibt es alle 14 Tage donnerstags auf den gängigen Podcast-Plattformen. So vielfältig wie das Fach sind auch die Inhalte: Im Fokus stehen mal gesundheitspolitische Themen, mal technische Neuerungen, mal Fragen des Managements - in der Praxis wie auch in der Klinik.