Homeoffice: Psychische Entlastung fördert Produktivität
Der Digitalverband Bitkom spricht angesichts der beschleunigten Digitalisierung der letzten Monate vom baldigen „Ende der Zettelwirtschaft“. So weist eine repräsentative Befragung von Unternehmen ab 20 Mitarbeitern darauf hin, dass vor allem hinsichtlich Briefpost und digitaler Kommunikation umgedacht wurde. Demnach nutzen 61 % der Betriebe Videokonferenzen, 86 % haben das Ziel, Post künftig nur noch digital zu versenden (2018 nur 43 %). 55 % haben zudem die Investitionen in ihre Hardwareausstattung erhöht, 39 % investierten mehr in Software, z. B. in Lizenzen. Insgesamt am weitesten digitalisiert sind die Büros von Banken, Finanzdienstleistern und Versicherungen. Schlusslichter sind dagegen Transport und Logistik sowie die öffentliche Verwaltung.
Doch seit viele Betriebe im Frühjahr auf Homeoffice umgestellt haben, kommen auch gesundheitliche Bedenken auf. Erwerbstätige könnten vereinsamen, wurde befürchtet, oder unter dem Stress der Kinderbetreuung leiden. Psychische Erkrankungen seien eine mögliche Folge.
Eine Sonderanalyse der DAK gibt allerdings Entwarnung: Laut zweier repräsentativer Befragungen von über 7000 Erwerbstätigen sind viele Beschäftigte während der Pandemie sogar seltener gestresst als zuvor. Im April gaben demnach nur 15 % der Befragten an, meistens oder die ganze Zeit gestresst zu sein, im Dezember 2019 sagte dies noch rund ein Fünftel. Mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen (57 %) fühlt sich während der Coronakrise überhaupt nicht oder nur ab und zu unter Druck. Zuvor waren es 48 %.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird sehr geschätzt
Das Arbeiten im Homeoffice wird von vielen Befragten als angenehm empfunden. Die Mehrheit von ihnen (59 %) meint, dort produktiver oder eher produktiver zu sein als am normalen Arbeitsplatz. Die wichtigsten Vorteile sind laut ihnen die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die freie Verteilung der Arbeit über den Tag und der Zeitgewinn durch wegfallende Wege.
Allerdings bestätigt der Report teilweise auch die Befürchtung, viele Arbeitnehmer könnten sich isoliert fühlen. So vermissen drei Viertel der Befragten den direkten Kontakt zu Kollegen. Rund die Hälfte von ihnen (48 %) gibt zudem an, die Arbeit werde beeinträchtigt, weil es schwieriger sei, sich kurzfristig zu besprechen. Auch der fehlende Zugang zu Unterlagen, Akten oder anderen Arbeitsmaterialien wird als hinderlich empfunden (41 %).
Wie gut es den Befragten gelingt, im Homeoffice Beruf und Privatleben voneinander zu trennen, hängt offenbar auch von ihrem Alter ab. Mehr als der Hälfte der Beschäftigten unter 30 Jahren fehlt eine klare Trennung, in der Gruppe der 60- bis 65-Jährigen geben dies noch 34 % der Befragten an.
Für eine zweite Coronawelle seien die Unternehmen derzeit bedingt gewappnet, meint Peter Collenbusch, Vorsitzender des Kompetenzbereichs „Digital Office“ bei Bitkom. Sie müssten lernen, künftig kurzfristig und regional immer wieder auf Homeoffice umzustellen, und ihre Prozesse umfassend digitalisieren.
Medical-Tribune-Bericht