Influencermarketing in der Lebensmittelindustrie regulieren
Die Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) steht auch deshalb in der Kritik, weil sie bislang keine klaren Regeln für Junkfood-Werbung geschaffen hat. Laut foodwatch versucht die Lebensmittelindustrie, insbesondere Kinder und Heranwachsende über Influencermarketing zu erreichen. Die Konzerne vergeben also Sponsoring-Verträge an reichweitenstarke Nutzer von Social-Media-Plattformen wie Instagram, Tiktok oder Youtube, damit sie Werbung für die zucker- und fetthaltigen Produkte machen. Millionen junger Menschen sehen diese Videos ihrer „Idole“, ohne dass eine Kontrolle durch die Eltern realistisch wäre.
Da sich im Kindesalter die späteren Ernährungsgewohnheiten ausprägen, führe dieses Marketing nicht nur zu kurzfristigen gesundheitlichen Folgen wie Übergewicht und einer geringeren Leistungsfähigkeit, erklärt Professor Dr. Berthold Koletzko, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin des Klinikums der LMU München sowie Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. Auch langfristig könne es Schäden nach sich ziehen, etwa einen weiteren Anstieg der nicht-übertragbaren Krankheiten und die damit verbundenen sozialen Kosten. In einer Studie habe sich jedoch über 79 Länder hinweg gezeigt, dass der Verzehr ungesunder Lebensmittel von 2002 bis 2016 durch verpflichtende Werbebeschränkungen um rund 9 % gesenkt werden konnte.
foodwatch fordert daher, politisch gegenzusteuern und klare Regeln für Lebensmittelwerbung zu schaffen. Das Influencermarketing biete reichweitenstarken Plattformnutzern einen ökonomischen Fehlanreiz, den man beheben müsse. Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband hält die bislang von der Bundesregierung praktizierte Strategie der freiwilligen Selbstregulierung für wirkungslos: „Gerade unausgewogene, hochverarbeitete Produkte bringen oft höhere Gewinnmargen als gesunde Lebensmittel. Es ist deshalb klar, dass Selbstverpflichtungen nicht funktionieren können“, argumentiert der Verband.
Medical-Tribune-Bericht