KV-Gelder veruntreut? Ex-Vorstand steht wegen „Übergangsaffäre“ vor Gericht
Auf der Anklagebank in Saal 500 des Berliner Landgerichts sitzt am 7. Januar der ehemalige Vorstand der KV Berlin: Dr. Angelika Prehn, Dr. Uwe Kraffel und Burkhard Bratzke. Mitangeklagt ist Dr. Jochen Treisch, 2011 zum Vorsitzenden der KV-Vertreterversammlung (VV) gewählt.
Den drei ehemaligen KV-Vorständen wird vorgeworfen, gemeinschaftlich ihre Befugnis als Amtsträger missbraucht und über fremdes Vermögen, nämlich das der KV, unrechtmäßig verfügt zu haben (Az.: 528 KLs 42/14). Es geht um jeweils 183 000 Euro, die Dr. Prehn, Dr. Kraffel und Bratzke entsprechend der 2004 geschlossenen Anstellungsverträge als Übergangsgeld zum Ende ihrer ersten Amtszeit (2005 bis 2011) erhalten hatten, obwohl sich da bereits eine Fortsetzung ihrer Vorstandstätigkeit für weitere sechs Jahre abgezeichnet haben soll.
Den Angeklagten wird von der Staatsanwaltschaft unterstellt, von Dr. Treisch die rückwirkende Änderung der Dienstverträge und die Auszahlung der zwischenzeitlich angesparten Übergangsgelder trotz Fortführung der Tätigkeit gefordert zu haben. Nach „Anpassung der Dienstverträge“ habe dieser dann mit zwei Vorstandsmitgliedern die Auszahlung der Übergangsgelder angeordnet, welche im Februar 2011 erfolgt sei, so die Staatsanwaltschaft.
Aufsicht beanstandete die Zahlung zuerst nicht
Die Verteidiger der Angeklagten zeigten sich überzeugt, dass das Hauptverfahren eine Schuld ihrer Mandanten nicht bestätigen wird. Der Tatvorwurf sei vollumfänglich unzutreffend, sagte die Anwältin von Dr. Treisch. Die ehemaligen KV-Vorstände argumentieren über ihre Anwälte, dass die Änderungsverträge vor der Unterzeichnung von zwei Rechtsanwälten unabhängig juristisch geprüft wurden. Auch die Aufsicht – also die Senatsverwaltung für Gesundheit – sei informiert gewesen und habe die Zahlung der Übergangsgelder nicht beanstandet. Außerdem sollen alle Mitglieder des VV-Ausschusses für Vorstandsangelegenheiten den Vertrag per E-Mail vorab erhalten und ebenfalls bestätigt haben.
Der Anwalt von Hautarzt Bratzke erinnerte daran, dass die Aufsicht erst aktiv geworden war, als nach einem Bericht des RBB das Thema von den Medien eifrig aufgegriffen worden sei. Er sagte, dass der KV kein finanzieller Schaden entstanden sei, da die Gelder ja sofort wieder zurückgezahlt worden waren.
Die jetzige Hauptverhandlung hat ein jahrelanges Vorspiel. Das Landgericht Berlin hatte 2014 die Eröffnung des Hauptverfahrens zunächst abgelehnt. In der Begründung hieß es, die Angeschuldigten hätten zwar objektiv den Tatbestand der Untreue im Sinne des § 266 Strafgesetzbuch verwirklicht, doch könne ihnen nicht nachgewiesen werden, dass sie die ihnen vorgeworfene Untreue auch vorsätzlich begangen hätten, zumal sie sich zuvor anwaltlich beraten ließen. Das Kammergericht hatte die Entscheidung später aufgehoben und die Anklage zugelassen. Der 2. Strafsenat der Kammer sah einen „handgreiflichen und eklatanten Verstoß gegen Haushaltsrecht“. Den Angeklagten sei bewusst gewesen, dass bei Fortsetzung der Vorstands-tätigkeit eben kein „Übergang“ stattgefunden habe und ihnen deshalb entsprechende Gelder nicht zugestanden hätten.
Für die Hauptverhandlung sind bislang neun Termine anberaumt. Nach § 266 Strafgesetzbuch wird Untreue mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe sanktioniert.
Anwälte fordern Freispruch für die Angeklagten
Die Anwälte fordern jedoch Freispruch. Zu berücksichtigen wäre bei einer Strafe auch, dass alle Angeklagten bisher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Auch die lange Verfahrensdauer könnte das Strafmaß reduzieren. Laut Richter Thilo Bartle ist die ständige Überlastung der Gerichte durch Haftsachen ursächlich dafür, dass es erst jetzt mit einiger Mühe gelang, die Hauptverhandlung zu terminieren.
Die sog. Übergangsaffäre hat in der KV Berlin in den letzten Jahren für erhebliche Unruhe gesorgt. Ein Abwahlantrag scheiterte dennoch. Erst zur Wahl 2017 stellte sich das Trio Dr. Prehn, Dr. Kraffel, Bratzke nicht mehr zur Wahl und die KV konnte mit neuem Vorstand starten.