KV und AOK: Dokumentationsvereinbarung erregt Verdacht der unzulässigen Einflussnahme

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

Alternative Kodierungen: Was steckt dahinter? Alternative Kodierungen: Was steckt dahinter? © iStock/wutwhanfoto

Das Thema „Ärzte sollen Diagnosen anders kodieren, damit eine Krankenkasse mehr Geld aus dem Risikostrukturausgleich erhält“ ist scheinbar nicht totzukriegen. Zuletzt waren die KV Sachsen und die AOK Plus einem Medium aufgefallen. Die KV hat aber keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihres Vorgehens.

Das zum Axel-Springer-Imperium gehörende Medium „Business Insider“ berichtete am 20. Mai, die KV Sachsen habe im Januar Ärzte aufgefordert, Diagnosen von AOK-Patienten zu ändern. „Damit die Krankenkasse mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds kassiert“, heißt es in der Überschrift. Ein teilweise geschwärzter Ausriss eines KV-Schreiben für das Quartal 3/2019 soll das am Beispiel des ICD-10-Codes I25.9 (Chronische ischämische Herzkrankheit: nicht näher bezeichnet) belegen. Das dazu befragte Bundesamt für Soziale Sicherung antwortete laut „Business Insider“: „Wir prüfen, ob eine unzulässige Einflussnahme auf die Diagnosestellung im vorliegenden Fall gegeben ist.“

KV-Chef „verkürzt bzw. aus dem Kontext gerissen“ zitiert

Auf Nachfrage von Medical Tribune stellt die KV bedauernd fest, dass Vorstandschef Dr. Klaus Heckemann „verkürzt bzw. aus dem Kontext gerissen“ zitiert worden sei, „sodass ein falscher Eindruck entsteht“.

Es sei doch im Interesse aller Beteiligten, dass Erkrankungen umfassend dokumentiert und damit auch die entsprechenden Gelder aus dem Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt würden. Eine vollständige und korrekte Dokumentation sei gesetzlich vorgeschrieben und könne mögliche Unplausibilitäten vermeiden bzw. „nachgelagerte und extrem aufwendige Prüfprozesse und deren Risiken“ reduzieren.

Die KV übermittelt mit der Quartalsabrechnung eine Hinweisliste an die Ärzte. Diese können damit prüfen, ob ihre Dokumentation den DIMDI-Vorgaben entspricht. „Dies ist eine Hilfestellung für unsere Ärzte. Sollte ein Arzt für sich hier Handlungsbedarf identifizieren, kann er dies in der Zukunft berücksichtigen. Eine rückwirkende Änderung von Diagnosen ist weder vorgesehen noch möglich.“

Die Mediziner würden nicht „kassenspezifisch“ dokumentieren, sondern ihre Gewohnheiten einheitlich anpassen. Sie erhielten auch keine „Empfehlungen“ zur Dokumentation, sondern es würden alle Alternativen des ICD-Katalogs angegeben, betont die KV. „All diese Elemente lassen uns nicht an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens zweifeln.“

Gesetzgeber verlangt verbindliche Empfehlungen

Grundlage für die „Unterstützung der Ärzte“ ist eine Verwaltungsvereinbarung zwischen der AOK Plus und der KV. Darin sei nur das regelmäßige Durchführen festgelegt. „Eine Honorierung für die Ärzte ist nicht vorgesehen. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand der KV Sachsen wird mit einem geringen dreistelligen Betrag pro Quartal ersetzt.“

Das Thema wurde auch schon abgeräumt. Der Gesetzgeber habe die Einführung von verbindlichen ambulanten Kodierempfehlungen beschlossen. Diese sollen die Ärzte bei der Diagnosestellung unterstützen und Unvollständigkeiten vermeiden. Daher hätten KV und AOK bereits im März 2020 die Beendigung ihrer Vereinbarung beschlossen. Überlegungen, weitere Vereinbarungen zu schließen, gebe es nicht.

Medical-Tribune-Bericht