Noch mehr Transparenz bei Kooperationen
Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) hat Vorschläge erarbeitet, die in einer Aktualisierung ihrer 2010 veröffentlichten Empfehlungen zum Umgang mit Interessenkonflikten münden sollen. Sie hofft, damit einen Handlungsrahmen zu entwickeln, an dem sich außer Fachgesellschaften auch der Gemeinsame Bundesausschuss, Unternehmen sowie Ministerien orientieren, z.B. bei der Überführung von Ergebnissen der Grundlagenforschung in den klinischen Alltag.
Natürlich steht für Ärzte das Patientenwohl im Vordergrund ihrer Arbeit, sagt AWMF-Vizepräsident Professor Dr. Dr. Wilfried Wagner, Mainz. Dies sei aber nicht die einzige Triebfeder. Es gehe auch um finanzielle Interessen, Ansehen und Karriere. Das Ziel müsse deshalb sein, diese Interessen transparent zu machen und sie „in ihrer Komplexität aufzuarbeiten“. Die diesbezüglichen Vorschläge der Fachgruppen sind schon im Diskussionspapier eingearbeitet. Jetzt gilt es, Erfahrungen zu sammeln und das Papier zu konkretisieren und zu ergänzen.
Drei konkrete Schwerpunkte hat die AWMF im Fokus: 1. medizinisch-wissenschaftliche Studien, 2. Publikationen und Studienzentren, Fortbildungsveranstaltungen, 3. die Entwicklung/Aktualisierung medizinisch-wissenschaftlicher Leitlinien.
Vorgeschlagen wird u.a., dass Fachgesellschaften bei ihren Tagungen und Kongressen alle finanziellen und indirekten Interessen von Referenten offenlegen. Dies soll bereits in den Verträgen mit Pharmaindustrie oder Medizinprodukteherstellern verankert werden. Empfohlen wird hierfür ein einheitliches Deklarationsformat, das Leistung und Gegenleistung darstellt. Unterschieden wird zwischen Zuwendungen in Form von Geld, Sachspenden, Sponsoring, Tagungs- und Teilnehmergebühren, Reise- und Übernachtungskosten, Honoraren sowie Geldern für Forschung und Entwicklung.
Die AWMF rät den Fachgesellschaften, Gremien zu bilden, die die Einhaltung der Transparenzregeln überprüfen, Konflikte erkennen und gegensteuern. Laut Prof. Wagner ist im Gespräch, ob die Ärztekammern über die Punktevergabe bei Fortbildungsveranstaltungen Interessenkonflikte vermeiden helfen können.
Zuwendungen, Rechte und Aktienbesitz offenlegen
Mitglieder von Leitlinienentwicklungsgruppen sollen offenlegen, für wen sie tätig sind und was sie an Zuwendungen erhalten. Hierbei geht es u.a. um Berater- und Gutachtertätigkeiten, die Mitarbeit in einem wissenschaftlichen Beirat, Vorträge, Autorenschaften, eigene Forschungsvorhaben, eventuelle Patente, Urheberrechte und Aktienbesitz, etwa an einem Pharmaunternehmen.
Verankert ist dies bereits in den Empfehlungen von 2010, diese werden jedoch nicht immer umgesetzt. Neu ist deshalb, wie Professor Dr. Claudia Spies, Vorsitzende der AWMF-Leitlinienkommission, erklärt, dass künftig Interessenkonflikte geahndet werden sollen. So könnten z.B. Leitlinien abgelehnt werden, bei deren Erarbeitung schwere Interessenkonflikte nicht ausgeschlossen wurden.
Erwogen wird auch, dass – je nach Schwere des Konflikts – der jeweilige Mediziner die Leitung der Erarbeitungsgruppe abgeben muss, zumindest aber nicht an Abstimmungen teilnehmen darf. Bei längeren Projekten soll die Erklärung jährlich erneuert werden, auf alle Fälle aber vor der Konsensfindung.
Kollegen sollen mögliche Beeinflussung überprüfen
Das Überprüfen, ob ein Interessenkonflikt einen thematischen Bezug zur Leitlinie hat und ob deren Erarbeitung dadurch beeinflusst werden könnte, sollen Kollegen, ggf. Mitglieder anderer Fachgruppen, übernehmen. Diskutiert wird das Einbeziehen von Patientenvertretern.
Professor Dr. Christoph Herrmann-Lingen, Göttingen, fordert, dass Studien vor Beginn unter Angabe von Ziel, verwendeter Methodik und statistischem Auswertungsplan in einem öffentlichen Register angemeldet werden sollten. Dabei seien insbesondere finanzielle Interessen und hieraus resultierende Konflikte der Beteiligten anzugeben. Dies gelte auch bei der Planung systematischer Übersichtsarbeiten.
Quelle: AWMF – Pressekonferenz