Ökonom sieht die PKV als Gewinner einer Bürgerversicherung
Dr. Thomas Drabinski, Leiter des Instituts für Mikrodatenanalyse in Kiel, stellte Ärzten in Düsseldorf seine Studie „Budget impact Bürgerversicherung“ vor. Darin untersucht der Volkswirt, welche finanziellen Auswirkungen sich in einem vereinheitlichten Vergütungssystem ergeben würden. Er betrachtet zwei Varianten.
Erstens die ausgabenbudgetneutrale Ausgestaltung: Die Pro-Kopf-Gelder von GKV und PKV werden zusammengelegt, sodass die gesamten Ausgaben und Einnahmen unverändert auf dem Niveau wie im jetzigen System bleiben würden. Gesundheitspolitiker von CDU und SPD haben das gerade erst wieder beruhigend zugesichert (s.u.).
Das freut den Staat: Ausgaben der Beihilfe würden sinken
Für GKV-Versicherte würde das unterm Strich aber einen Anstieg ihres Zusatzbeitragssatzes um 1,5 Prozentpunkte bedeuten. Für PKV-Versicherte und damit auch für die Beihilfe würden sich die Beiträge um 40 % verringern. „Das könnte es wahrscheinlicher machen, dass die Politik diesen Weg geht“, meint Dr. Drabinski. Der Staatshaushalt würde erheblich entlastet, wenn die Ausgaben der Beihilfe sinken.
Dieser „Impact“ habe seine Ursache in der unterschiedlichen Kostenstruktur von GKV und PKV, so der Ökonom. Er beziffert die Pro-Kopf-Ausgaben für die komplette Gesundheitsversorgung eines GKV-Versicherten mit durchschnittlich 2975 Euro und die eines privat Versicherten mit 5459 Euro. Für eine budgetneutrale Lösung müssten die Ausgaben gemittelt werden. Dann lägen sie pro Kopf bei 3244 Euro, also deutlich höher als bisher in der GKV. In der Folge würde die für Ärzte und Krankenhäuser günstigste Variante einer Einheitsversicherung für die Arbeitnehmer teurer.
Neue Gebührenordnung auf EBM-Niveau bringt Einbußen
Sollte die Bürgerversicherung eingeführt werden, würden den PKV-Unternehmen auch „Windfall-Profits“ winken. Denn die Altersrückstellungen von insgesamt 210 Milliarden Euro könnten sie dann behalten. Damit würde die Einheitsversicherung auch für die PKV attraktiv. „So einen Gewinn würde niemand ausschlagen“, glaubt der Kieler Experte. Die Umsetzung einer ausgabenbudgetneutralen Bürgerversicherung wäre damit eine „umfassende Subventionierung der PKV“ – der Versicherten, der Beihilfe und der Unternehmen.
Allerdings meint der Volkswirt, es sei trotz aller Beteuerungen der Politik realistischer, von einer nicht ausgabenbudgetneutralen Bürgerversicherung auszugehen. Diese zweite Variante bedeutet, dass mit der Systemumstellung auch Ausgabenkürzungen verbunden wären. Die Leistungserbringer könnten z.B. durch das Absenken einer neuen einheitlichen Gebührenordnung auf das EBM-Niveau insgesamt weniger Honorar bekommen als heute.
Höherer Bundeszuschuss oder Einschnitte beim Angebot
Auch das würde die PKV entlasten, so Dr. Drabinski. Allerdings würden dann dem Gesundheitssystem weniger Finanzmittel zur Verfügung stehen, was über einen höheren Bundeszuschuss ausgeglichen werden müsste. Würde ein solcher Ausgleich nicht stattfinden, müssten Teile der medizinischen Infrastruktur wie Krankenhäuser, Arzt- und Zahnarztpraxen oder Apotheken abgebaut sowie die Preise für Arzneimittel und Medizinprodukte gesenkt werden. Dr. Drabinskis Fazit: „Die aktuellen Analysen zeigen, dass mit der diskutierten Vereinheitlichung des Gesundheitssystems vor allem finanzielle Risiken für die GKV-Versicherten zu erwarten sind. Anstelle zu vereinheitlichen, sollte die Gesundheitspolitik die Dualität aus GKV und PKV einer strukturellen Überarbeitung unterziehen.“