Praxiskolumne PKV ist wichtig – sie darf aber noch besser werden
Am 27. April 2012 widmete sich meine Kolumne dem Thema „Treten wir öffentlich für den Erhalt der PKV ein“. Die Antwort auf die damalige Eingangsfrage, ob wir auf die Einnahmen der privaten Krankenversicherung verzichten können, lautete: Mitnichten, das Abschaffen der PKV würde viele Praxen in den Ruin treiben!
Die PKV muss aber, so schrieb ich damals, ihre Reform-Hausaufgaben machen. Heute – neun Jahre später – hört man nichts mehr von Vertriebsgebaren und Provisionsexzessen, wohl aber immer noch von heftigen Prämienerhöhungen vor allem bei älteren Menschen. Entsprechende Sammelklagen von Versicherten sind allerdings zu deren Gunsten entschieden worden. Hier hat sich also durchaus etwas getan.
Eine Hausaufgabe sorgt jedoch weiterhin für Unmut bei Ärzten: Dass nämlich „geltend gemachte Ansprüche im Rahmen einer eigenständigen Prüfung zu prüfen“ sind (Originalton PKV). Diese Formulierung lässt wahre Prüfexzesse zu, die von privater zu privater Krankenkasse unterschiedlich ausfallen. Ich beschränke mich hier auf meine Erfahrungen bei der Psychotherapie. Von ähnlichen Erfahrungen in anderen Leistungsbereichen berichten Kolleginnen und Kollegen.
Ist eine Psychotherapie geplant und wird sie bei einer privaten Krankenversicherung sowie in der Regel der Beihilfe beantragt, folgt erst einmal die genaue Information darüber, was alles zu beachten ist und welche Formulare auszufüllen sind. Jedes Mal wird nachgefragt, was für ein Arzt man ist, bei welcher KV man seit wann mit welcher Zulassungsnummer registriert ist und welche KV-Berechtigung man zur Durchführung welcher Therapiemaßnahme hat. Eine Geburtsurkunde muss nicht eingereicht werden. Erhält der Patient wegen seiner psychischen Erkrankung eine AU-Bescheinigung, wird er zur Prüfung der Leistungspflicht zur Untersuchung bei einem neutralen Facharzt einbestellt.
Ich habe mir mal die Mühe gemacht und mit einer privaten Krankenkasse eine Korrespondenz zu dieser komplexen Leistungspflicht begonnen. Dabei erwähnte ich, dass ich den Eindruck habe, mir werde großes Misstrauen entgegengebracht. Das sei nicht der Fall, lautete die Antwort. „Vielmehr soll der Versicherer in die Lage versetzt werden, sich im Rahmen einer eigenständigen Prüfung ein Bild vom medizinischen Sachverhalt machen zu können.“ Auf die Rechtsprechung, die dieses Vorgehen für angemessen hält, wird verwiesen.
Die etwa eine Stunde dauernde „objektive Beurteilung durch einen neutralen Facharzt“ steht dann der umfassenden Kenntnis der Patientenanamnese der/des behandelnden Ärztin/Arztes gegenüber. Immerhin gibt es zum Glück noch so etwas wie kollegialen Gedankenaustausch – sprich: Sehr häufig greift der neutrale Facharzt zum Telefonhörer und ruft die Kollegin bzw. den Kollegen in der Praxis an.
Wenn die PKV im Kampf um ihr Dasein nicht auf ärztliche Unterstützung verzichten will, dann sollte sie an dieser Leistungspflichtprüfung wirklich etwas verändern. Ich kann nur wärmstens einen Blick ins EBM-Kapitel Psychotherapie empfehlen.
Wir sollten uns jedenfalls nach wie vor für den Erhalt der PKV stark machen. Doch das geht nur mit einer engagierten Ärzteschaft und guten Interessenvertretung. Dass wir uns engagieren können, beweisen wir seit Monaten in der Pandemie und unsere Kolleginnen und Kollegen im Ahrtal.
Warum klappt es aber nicht mehr in der Gesundheitspolitik, die uns doch alle tangiert? Wenn ich von Weißkitteldemos in Berlin erzähle, schaue ich in staunende Gesichter. Das muss wieder funktionieren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Thema leistungsgerechte Bezahlung statt Budgets sollten wir beginnen. Unser Ass im Ärmel ist: Es geht nicht ohne uns – weder in einer Pandemie noch in der Politik.