Kommentar Versöhnen statt spalten
Die Zukunft des Gesundheitswesens wird düster und verstörend gemalt. Der Bundesgesundheitsminister wird z.B. auf einem Plakat dafür verantwortlich gemacht, wenn es „hier bald“ keine Babys mehr gibt, weil Geburtsstationen schließen müssen.
Letzteres nimmt Prof. Dr. Karl Lauterbach der DKG übel. Über die „persönliche unseriöse Hetzkampagne“ beklagte er sich auf X: „Damit argumentiert man nicht differenzierter als die @AfD.“ Diese „Entgleisung“ brachte wiederum die 16 Krankenhausgesellschaften der Länder in Rage. In einem offenen Brief erinnerten sie den Minister an das Motto „Versöhnen statt spalten“ von SPD-Größe Johannes Rau.
Dass man mit dem ständigen Schlechtreden der Lage und Beschuldigen der Ampelregierung Wähler an den rechten Parteienrand treiben könnte, ist bei der jüngsten KBV-Vertreterversammlung thematisiert worden. Natürlich will man das nicht. Das Bekenntnis zur Demokratie samt Ablehnung von Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit fehlte in keiner der jüngeren Pressemitteilungen ärztlicher Institutionen. Schließlich ist man untrennbarer Teil einer bunten Gesellschaft. Mit zwinkerndem Auge verweist KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister darauf, dass man auch nicht mit Mistgabeln vors Kanzleramt zieht oder Gülle vors BMG kippt, obwohl es „da draußen“ genug Kolleginnen und Kollegen gebe, „die es begrüßen würden“.
Nun zeigt aber gerade das Beispiel der Bauern, wie Proteste von rechts unterwandert werden und eskalieren können. Und die Politik knickte sogar noch ein.
Merke: Kritik zuspitzen und personalisieren gehört zur Meinungsfreiheit und zum demokratischen Diskurs. Das Trennen von politischer Auseinandersetzung und Hetze, von Fakt und Fake fällt allerdings immer schwerer. Wer hier beharrlich Öl ausgießt, muss sich jedenfalls über Brände nicht wundern.
Michael Reischmann
Ressortleiter Gesundheitspolitik