Rechte von Trans*Personen „Wie oft masturbieren Sie im Monat?“
Schon mehrfach wurden Teile des transgeschlechtliche und nicht-binäre Personen betreffende TSG durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, weil die Grundrechte dieser Menschen eingeschränkt werden. Geändert hat sich bislang jedoch wenig. Trans*Personen fühlen sich noch immer diskriminiert, weil vor der Namensänderung ein gutachterliches Verfahren steht, das Transgeschlechtlichkeit in den Bereich der Krankheit oder psychischen Störung gerückt.
Ein Selbstbestimmungsgesetz soll Änderungen des Geschlechtseintrags im Personenstand zukünftig allein per Selbstauskunft möglich machen. Kritiker befürchten indes, dass so manche Geschlechtsänderung (nicht zu verwechseln mit der operativen Geschlechtsumwandlung) nur aufgrund einer Modeerscheinung vollzogen werden könnte, weil es eben einfacher wird, dies zu tun. Social Media würden zudem zeigen, dass man als geoutete Trans*Person sehr viel mehr Follower gewinnen kann, als mit nicht binärer Identität.
Geschlechtsänderung wird nur selten rückgängig gemacht
Das Bundesfamilienministerium verweist jedoch darauf, dass der Anteil der Menschen, die seit TSG-Einführung 1981 die Änderung rückgängig gemacht haben, äußerst gering ist. „Selbst nachdem einige rigorose Voraussetzungen wie Sterilisation oder Scheidung nicht mehr notwendig sind, liegt der Anteil konstant bei circa ein Prozent“, so das Ministerium. Auch würden Länder mit einem Selbstbestimmungsgesetz – 23 mit einem solchen oder einem ähnlichen Gesetz gibt es – von keinem bedeutenden Anstieg mehrmaliger Änderungen des Geschlechtseintrags berichten.
Als Pro-Gesetz-Argument wird zudem vorgebracht, dass ein Coming-out als transgeschlechtlich und eine dementsprechende Änderung des Geschlechtseintrags in der Regel eine wohlüberlegte Entscheidung ist, u.a. wegen Diskriminierung und Anfeindungen. Zudem bedeute die Anpassung sämtlicher persönlicher Dokumente (Zeugnisse, Führerschein, EC-Karten, Versicherungen, Steuernummer) einen enormen zeitlichen und mühseligen Aufwand.
Entwürdigendes und diskriminierendes Begutachtungsverfahren
Zurzeit darf das Gericht einem Antrag von transgeschlechtlichen und nicht-binäre Personen auf Änderung des Geschlechtseintrages nur stattgeben, wenn zwei Gutachten vorliegen, die unabhängig voneinander besagen, dass sich – nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft – das Zugehörigkeitsempfinden des Antragstellers mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird.
Von einem demütigenden und monatelangen Begutachtungsprozesses spricht der Lesben- und Schwulenverband (lsvd) und von mitunter sehr intimen Fragen. Das Verfahren sei von entwürdigenden und diskriminierenden Erfahrungen geprägt, heißt es. Der lsvd verweist zudem auf hohe Kosten des Verfahrens, die laut Bundesfamilienministeriums im Schnitt 1 868 Euro betragen und von den Trans*Personen in der Regel selbst zu bezahlen sind.
Im Queer-Magazin „Die Siegessäule“ berichtet Leserin Stefanie darüber, dass sie Auskunft darüber geben sollte, wie oft sie im Monat masturbiert. In einem Ausschnitt aus dem Fragebogen wird auch nach dem Tragen weiblicher Unterwäsche oder Schminken zur Stimulation während der Masturbation gefragt. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich zuletzt so erniedrigt gefühlt habe“, so Stefanie.
Künftig soll eine Eigenversicherung beim Standeamt ausreichen
Etwas anders gehandhabt wird die Personenstandsänderung bei Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung, auch als „intersexuelle“ bzw. „intergeschlechtliche“ Menschen bezeichnet. Sie können den Geschlechtseintrag und die Vornamen zurzeit mit einer Erklärung beim Standesamt ändern. Dazu ist ein ärztliches Attest vorzulegen oder eine Versicherung an Eides statt.
Geht es nach der Koalition, wird es bald eine einheitliche Regelung für alle transgeschlechtlichen sowie nicht-binären und intergeschlechtlichen Menschen geben: „Nach dem neuen Selbstbestimmungsgesetz wird eine Erklärung mit Eigenversicherung beim Standesamt reichen, dass die Geschlechtsidentität nicht mit dem Geschlechtseintrag übereinstimmt.“ Damit würde zugleich die Vorlage eines ärztlichen Attests nach Begutachtung wegfallen.
Für unter 14-Jährige sollen laut der Pläne die Sorgeberechtigten die Änderung beantragen. Zwischen 14 und 17 Jahren reicht eine Eigenerklärung mit Zustimmung der Sorgeberechtigten. Vorgesehen in den Eckpunkten zum Gesetz ist weiterhin eine sachkundige, ergebnisoffene und kostenlose Beratung. Die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen würde mindestens für ein Jahr gelten, um einen „Übereilungsschutz“ und die Ernsthaftigkeit des Änderungswunsches sicherzustellen. Noch im vierten Quartal dieses Jahres sollen die Vorschläge zum Selbstbestimmungsgesetz Thema im Kabinett werden.
Medical-Tribune-Bericht