Zecken ante portas

Kolumnen Autor: Dr. Cornelia Tauber-Bachmann

Zecken, Holzböcke und Stechmücken freuen sich auf die Wanderer. Zecken, Holzböcke und Stechmücken freuen sich auf die Wanderer. © Heiko Barth – stock.adobe.com; MT

Körper absuchen, Kleidung ausschütteln – wenn es wieder raus in die Natur geht, sollten gewisse Routinen dazugehören. Denn die Zecken warten schon ungeduldig auf den Ansturm.

Als Ende Mai unsere regierenden Politiker eine weitere Lockerung des coronabedingten Lockdowns verkündeten, war schnell klar, dass Reisen und ein Sommerurlaub in Deutschland aller Voraussicht nach möglich sein werden. Der bayerische Ministerpräsident, eher als Hardliner bekannt, fügte in der Pressekonferenz noch hinzu, dass er zum Urlaub in Süddeutschland, vor allem im „schönen Bayern“ raten würde. Damit wollte Markus Söder wohl das finanziell arg gebeutelte bayerische Hotellerie- und Gaststättengewerbe unterstützen. Die Wirte freuen sich ganz sicher auf viele Gäste.

Und noch einer freut sich im schönen Bayern auf den Touristenansturm: Ixodes ricinus, der gemeine Holzbock. Nach dem ungewöhnlich milden Winter müssen wir davon ausgehen, dass viele seiner Art überlebt haben und nun in halbhohen Büschen, Hecken und Gräsern sitzen und auf Wanderer und Naturfreunde lauern. Auf die lassen sie sich nur allzu gerne fallen, um sich ein „kuscheliges“ Plätzchen für ihre Blut-Mahlzeit zu suchen.

Stechmücken oder Schnaken und Bremsen werden von den meisten Patienten als lästiges Übel angesehen, von denen es glücklicherweise seit ein paar Jahren weniger gibt. Vor Zecken haben dagegen viele Menschen wenn nicht Angst, so doch großen Respekt. Liegt es daran, dass allgemein bekannt ist, welche Krankheiten sie übertragen können? Liegt es an ihrem Aussehen? Daran, dass sie mit bloßem Auge gut erkennbar sind und lange vollgesaugt an ihrem Wirt hängen? Archaische Vampirängste? Vielleicht spielen alle Aspekte zusammen.

Für eine „Zeckensaison“ spricht, dass ich schon vor Pfingsten einen Erythema-migrans-Fall in meiner Praxis hatte und bei einigen Patienten „notfallmäßig“ Zecken bzw. Zeckenreste entfernen musste. Natürlich nutze ich, wie alle Kollegen, die Gelegenheit, über Hygiene und die von Zecken übertragbaren Krankheiten aufzuklären. Dass Hygiene auch in der Nach-Coronazeit ein wichtiger Gesundheitsfaktor sein wird, scheint manchen nicht so geläufig zu sein. Dass das Absuchen des Körpers beim Duschen nach unbekannten lästigen „Körperanhängseln“ Routine sein sollte, ist nicht jedem und jeder bekannt – genauso wenig das abendliche Ausschütteln der Kleidung.

Natürlich spreche ich bei der Gelegenheit auch über die FSME-Impfung. Und siehe da: Sogar Patienten, die bisher Impfungen in „Bausch und Bogen“ ablehnten, ziehen sie jetzt für sich in Erwägung. Einige lassen sich impfen oder fragen nach, wann eine Auffrischungsimpfung fällig ist. Hat die Coronazeit die Einstellung mancher Patienten zu Impfungen verändert? Sind Impfungen vielleicht doch das „kleinere Übel“ im Vergleich zur Krankheit? Können wir es schaffen, wieder ohne ideologischen Überbau über Impfungen zu sprechen und kollegial zu diskutieren? Schön wäre es. Was Grippe- und Pneumokokken-Impfungen betrifft, hat ja zumindest im Moment ein deutliches Umdenken stattgefunden.

Ich erinnere mich an meine Klinikzeit in Südost-Bayern, zugegebenermaßen schon geraume Zeit her. Damals haben wir auf der Infektionsstation einige FSME behandelt. In manchen Fällen ist sie folgenlos ausgeheilt, in manchen leider nicht. Damals wurde die Impfung noch wenig propagiert und in vielen bayerischen Landkreisen nicht von den Krankenkassen erstattet. Aber heute ist das anders. Wir können beraten und etwas tun. Und Defektheilungen wünscht man doch niemandem!