
Adipositas kombiniert über die Darm-Hirn-Achse bekämpfen

Spätestens seit der Entdeckung von Leptin aus Adipozyten und Ghrelin aus dem Darm war klar: Entscheidende Prozesse zur Regulierung des Körpergewichts finden im Gehirn statt. Adipositas kann somit zumindest zum Teil auch als Hirnerkrankung aufgefasst werden, sagte Professor Dr. Matthias Tschöp vom Institut für Adipositas und Diabetes am Helmholtz-Institut in München.
Im Jahr 2000 wurde das Hungerhormon Ghrelin entdeckt, das über die Darm-Hirn-Achse den Appetit steigert, die Kalorienspeicherung unterstützt und dem Gehirn mitteilt, wann zusätzliche Nahrung benötigt wird. Ein entsprechender Antagonist konnte das Problem der Adipositas aber leider nicht lösen.
Glukagon steigert Lipolyse und Sättigungsgefühl
Der ebenfalls als Appetitzügler eingesetzte Endocannabinoid-Antagonist Rimonabant musste wegen psychiatrischer Nebenwirkungen vom Markt genommen werden. Diese Versuche machten deutlich, dass das Gehirn zwar der richtige Zielort von Therapien zu sein scheint, aber wahrscheinlich mehrere, sehr gezielte neuroendokrine Ansatzpunkte gebraucht werden, um die Adipositas zu bekämpfen, sagte Prof. Tschöp.
Auf dieser Idee beruhen neue Strategien, bei denen mehrere Wirkstoffe kombiniert werden, berichtete der Forscher. Eine dieser möglichen Kombinationen ist Glukagon plus GLP1-Agonist. Lange wurde Glukagon als eher „böse“ angesehen, da es die Glukoseproduktion erhöht. Es steigert aber auch Lipolyse, Sättigungsgefühl und Thermogenese und vermindert die Nahrungsaufnahme. Von GLP1-Agonisten ist schon aus der Diabetestherapie bekannt, dass sie die Gewichtsabnahme fördern. Beide zusammen führten in ersten klinischen Studien bei Typ-2-Diabetikern im Vergleich zu Placebo zu einer deutlich stärkeren Gewichtsabnahme.
Entwicklungen brauchen noch einiges an Zeit
Ein weiterer Mitspieler könnte das Inkretin GIP (glukoseabhängiges insulinotropes Peptid) sein. Auch für die Kombination GIP/GLP1-Agonist wurde eine verstärkte Gewichtsabnahme im Vergleich zu Placebo gezeigt. Ein solcher dualer Agonist ist als Tirzepatid bereits in klinischer Prüfung bei Typ-2-Diabetes. Erste Ergebnisse sind durchaus Erfolg versprechend.
Insgesamt drei Komponenten miteinander zu kombinieren, ist dann der naheliegende nächste Schritt, sagte Prof. Tschöp. Solche Polyagonisten haben zahlreiche Unternehmen in der Pipeline und erste Ergebnisse aus Tierversuchen sind vielversprechend. Auch wenn diese Entwicklungen noch viel Zeit brauchen, könnte es irgendwann möglich sein, die Gewichtsabnahme erfolgreich medikamentös zu unterstützen, so die Einschätzung des Diabetologen.
Quelle: 64. Deutscher Kongress für Endokrinologie*
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