Antiinflammatorische Dauertherapie der atopischen Dermatitis reduziert Exazerbationen

Dr. Dorothea Ranft

Glukokortikoide oder Calcineurininhibitoren zweimal pro Woche können ihr Exazerbationen der AD ersparen. Glukokortikoide oder Calcineurininhibitoren zweimal pro Woche können ihr Exazerbationen der AD ersparen. © iStock/bravo1954

Lange Zeit behandelte man das atopische Ekzem immer nur so lange mit entzündungshemmenden Sub­stanzen, bis die akuten Läsionen abgeheilt waren. Heute setzt man dagegen auf eine langfristige, proaktive Strategie, um das erneute Aufflammen der Neurodermitis zu verhindern.

Ist bei einem Patienten mit atopischer Dermatitis (AD) die Haut akut entzündet, kommt man mit der Basispflege allein nicht mehr weiter. Schärfere Geschütze sind gefordert, um die Läsionen zum Abheilen zu bringen: topische Glukokortikoide bzw. Calcineurininhibitoren. In der Vergangenheit setzte man diese Topika wieder ab bzw. reduzierte sukzessive ihre Dosis, sobald sich der Hautzustand „normalisiert“ hatte. Weitergeführt wurde lediglich die Basistherapie.

Inzwischen geht man jedoch mit der proaktiven Therapie einen anderen Weg. Sie wird gestartet, wenn alle Läsionen unter der klassischen antiinflammorischen Behandlung abgeheilt sind und umfasst:

  • die langfristige lokale Behandlung der zuvor in Mitleidenschaft gezogenen Hautareale mit antiinflammatorisch wirksamen Sub­stanzen zweimal pro Woche
  • die konsequente Basispflege der gesamten Haut mit rückfettenden und hydratisierenden Mitteln (Emollenzien)
  • die regelmäßige klinische Kon­trolle des Hautbefundes

Damit soll das erneute Auftreten von Entzündungen verhindert oder zumindest hinausgeschoben werden, heißt es in der neuen Leitlinie des European Dermatology Forum (EDF).

Sowohl die topischen Steroide (TCS) als auch die topischen Calcineurininhibitoren (TCI) werden in der Leitlinie ausdrücklich zur antiinflammatorischen Therapie des atopischen Ekzems empfohlen. Ihre Überlegenheit im Vergleich zur Trägersubstanz steht außer Frage. Für beide Substanzklassen konnte gezeigt werden, dass eine proaktive Therapie mit zweimal wöchentlicher Applikation langfristig die Zahl der Exazerbationen reduziert.

Mit topischen Steroiden hat sich die proaktive Therapie über einen Zeitraum von mindestens 20 Wochen (bisher längste Studiendauer) als wirksam und sicher erwiesen. Für Tacrolimus wurden entsprechende Daten über ein Jahr erhoben, schreiben Professor Dr. Andreas Wollenberg von der Klinik für Dermatologie und Allergologie der LMU München und Koautoren.

Regelmäßige klinische Kontrollen erforderlich

Generell ist bei der Anwendung topischer Kortikoide auf ein güns­tiges Nutzen-Risiko-Verhältnis zu achten. Bei milder Krankheitsaktivität genügt die Applikation zwei- bis dreimal pro Woche. Pro Monat werden somit für Säuglinge, Kinder und Erwachsene im Mittel 15, 30 bzw. 60–90 g benötigt. Solche Mengen führen sogar bei potenten Steroiden normalerweise nicht zu systemischen oder lokalen Nebenwirkungen. Dennoch muss der Patient im Hinblick auf unerwünschte Begleiteffekte regelmäßig kontrolliert werden. In Studien konnten die Klasse-III-Steroide Fluticason und Methylprednisolon-aceponat proaktiv eingesetzt das Risiko für ein Wiederaufflammen der atopischen Dermatitis signifikant reduzieren, schreiben die Experten.

In besonders empfindlichen Hautregionen wie Gesicht, Hals und Hautfalten sollten solche potenten TCS aber nur zeitlich begrenzt appliziert werden, um die Entwicklung einer Hautatrophie zu vermeiden. Alternativ kann man TCS der Klassen I oder II oder Calcineurininhibitoren verordnen.

Medikamente in der Pipeline

Auch der topische Phosphodiesterase-4-Inhibitor Crisaborol ist beim atopischen Ekzem wirksam. Er wurde von der US Food and Drug Administration für Patienten ab zwei Jahre mit leichter bis mittelschwerer Erkrankung zugelassen. Mangels Vergleichsstudien mit Steroiden und Calcineurininhibitoren lässt sich die Wirkstärke schwer einschätzen. Weitere topische Phosphodiesterase-4-Inhibitoren werden derzeit erforscht.

Keine Atrophiegefahr durch Calcineurininhibitoren

Für die Ekzembehandlung mit topischen Calcineurininhibitoren stehen inzwischen zwei Wirkstoffe zur Verfügung; Tacrolimus als Salbe und Pimecrolimus als Creme. Da sie keine Hautatrophie verursachen, eignen sie sich auch zur Behandlung kritischer Areale wie Augenlider, Perioralregion, Axilla, Inguinalfalten und Genitalbereich. Die wichtigste Nebenwirkung der Calcineurininhibitoren ist ein vorübergehendes „Brenngefühl“. Es tritt vor allem nach der Behandlung akut entzündeter Areale auf und stellt sich unter Tacrolimus öfter ein als unter Pimecrolimus. Damit die Patienten die Therapie nicht abbrechen, kann es sinnvoll sein, die akute Exazerbation erst mit einem Steroid zu behandeln und später zum TCI zu wechseln. Ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Lymphomen besteht gemäß der bisherigen Sicherheitsdaten nicht. Diese stammen u.a. aus einer Tacrolimusstudie über vier bzw. einer Pimecrolimusstudie über fünf Jahre. Ein vermehrtes Auftreten anderer Malignome einschließlich nicht melanotischer Hauttumoren sowie eine verstärkte Photokarzinogenität wurden ebenfalls nicht gesehen. Da Letztere aber unter Ciclosporin A, einem anderen Calcineurininhibitor, vermehrt auftritt, raten die Leitlinienautoren, bei einer Behandlung mit Tacrolimus und Pimecrolimus auf einen konsequenten UV-Schutz des Patienten zu achten.

Quelle: Wollenberg A et al. J Eur Acad Dermatol Venerol 2018; 32: 657-682

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Glukokortikoide oder Calcineurininhibitoren zweimal pro Woche können ihr Exazerbationen der AD ersparen. Glukokortikoide oder Calcineurininhibitoren zweimal pro Woche können ihr Exazerbationen der AD ersparen. © iStock/bravo1954