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Arthrose als Schlafräuber

Mehr als zwei Drittel aller Patienten mit Arthrose leiden unter Schlafstörungen. Das Risiko für schlechten Schlaf liegt bei ihnen mehr als doppelt so hoch wie bei Gesunden. Bei 31 % ist die Latenz bis zum Einschlafen verlängert, 81 % schlafen nicht durch. Jeweils rund die Hälfte klagt über morgendliches Früherwachen oder generell unzureichenden Schlaf. Im Wesentlichen ist es natürlich der Schmerz, der Patienten mit Arthrose und Fibromyalgie die Nachtruhe raubt, erläuterte Prof. Dr. Christoph Baerwald, Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie und Rheumatologie an der Universitätsklinik Leipzig. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, Menschen mit geringem Einkommen öfter als Einkommensstarke.
Wie zu erwarten wäre, gilt: Je größer die Schmerzen, desto schlechter der Schlaf. Wie bei allen muskuloskelettalen Erkrankungen geraten die Patienten in einen Teufelskreis aus Schmerz, verminderter körperlicher Aktivität und ausbleibender Erholung während der Nacht. Betroffen sind alle Altersgruppen. Die Probleme, nachts zur Ruhe zu finden, zeigen sich u.a. im erhöhten Bedarf von Hypnotika.
Vice versa scheinen verschiedene Schlafstörungen das Entstehen einer Arthrose zu fördern, wie Prof. Baerwald anhand von Daten einer Fall-Kontroll-Studie aus Großbritannien mit mehr als 351.000 Erwachsenen zeigte. Der Zusammenhang findet sich in allen Patientengruppen mit Ausnahme der über 80-Jährigen. Insbesondere eine Insomnie und regelmäßig zu kurze Schlafdauer scheinen demnach Arthrose zu begünstigen. Zumindest für Gonarthrose ist anderen Studien zufolge eine Art Dosisabhängigkeit belegt: Je mehr Nächte der Patient ruhelos verbringt, desto ausgeprägter sind die Symptome, so Prof. Baerwald. Ob das klinisch relevant ist, bleibe abzuwarten.
Bei Menschen mit Fibromyalgiesyndrom zeigt sich ein ganz ähnliches Bild. Rund 75 % der Betroffenen haben erhebliche Einbußen in der Schlafqualität. Sie wachen häufig auf und haben einen höheren Arousal- und Apnoe-Hypopnoe-Index. Tatsächlich gehörten Schlafstörungen zu diesem Krankheitsbild dazu und würden auch in Beschwerdefragebogen erfasst, so der Referent.
Bei den Asomnien müsse man stets psychische bzw. psychiatrische Kosymptome und Komorbiditäten mitdenken, mahnte Prof. Baerwald. Anhand von Studiendaten zeigte er, dass Fibromyalgiepatienten neben den sehr häufigen Schlafproblemen oft auch über Gedächtnisschwierigkeiten klagen (79 %), über starke Ängste (78 %), Konzentrationsprobleme (69 %) und Stimmungsschwankungen (59 %). Dabei korreliert die Schlafqualität negativ mit der Anzahl und Ausprägung der Symptome.
Für die Behandlung der Fibromyalgie ist in Deutschland kein Medikament zugelassen. Liegen jedoch Komorbiditäten wie eine chronische Schmerzerkrankung, neuropathische Schmerzen oder eine generalisierte Angststörung vor, kann man bei entsprechender Dokumentation niedrig dosiertes Amitriptylin bzw. Pregabalin zur Nacht verordnen, erklärte der Referent. Gute Erfahrungen hat man zudem mit der kognitiven Verhaltenstherapie gemacht, wenn diese sowohl auf die Schmerzreduktion als auch auf die Verbesserung der Schlafqualität abzielt. Ein Trainingsprogramm mit verhältnismäßig leichten Kraftübungen erzielt ebenfalls gute Erfolge.
Zu Cannabinoiden liegen bislang nur Fallserien vor
Zu den Wirkstoffen aus der Cannabispflanze zeigen zwar einige Fallserien eine relevante Reduktion von Schmerzen, innerer Anspannung und Schlafstörungen. Der Einsatz von Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol bleibt beim Fibromyalgiesyndrom aber ein individueller Heilversuch. Für Melatonin gibt es gewisse Hinweise, dass es bei Fibromyalgie – anders als bei rheumatoider Arthritis – neben dem Schlaf auch den Schmerz positiv beeinflusst.
Quelle: Kongressbericht 129. Kongress der DGIM
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