Asthma hat oft berufsbedingte Ursachen
Allergene am Arbeitsplatz können zu einer spezifischen Immunantwort führen und ein Berufsasthma auslösen. Bei arbeitsplatzbezogenen Allergenen handelt es sich häufig um hochmolekulare Substanzen, schreiben Susan M. Tarlo vom University Health Network der Universität Toronto und ihre Kollegin.
Ursachen reichen von Haaren über Mehl bis zu Chemikalien
Diese hochmolekularen Verbindungen (z.B. Tierallergene, Getreide- oder andere Pflanzenbestandteile, Milch- oder Eipulver) führen zur Bildung spezifischer IgE-Antikörper und zu typischen allergischen Reaktionen. Niedermolekulare arbeitsplatzbezogene Chemikalien (wie Platin-, Rhodin-, Nickel-, Chrom- und Kobaltsalze sowie bestimmte Färbemittel) können ebenfalls eine Sensibilisierung auslösen und ein Asthma bronchiale bedingen.
Die Pathomechanismen, über die niedermolekularen Substanzen die Lungenerkrankung induzieren, sind aber nicht genau bekannt. Darüber hinaus gibt es eine Form des Berufsasthmas, die nicht immunologisch, sondern durch Exposition gegenüber meist hohen Konzentrationen von Irritanzien vermittelt wird. Gefährdete Berufsgruppen sind hier z.B. Krankenpfleger, Reinigungspersonal, Textilarbeiter etc.
Belastung im Berufsalltag genau erfragen
Erheben Sie bei jedem Erwachsenen mit neu aufgetretenem Asthma eine gründliche Berufsanamnese. Meist ist bei berufsbedingter Erkrankung ein Zusammenhang zwischen Asthmasymptomatik (Giemen, Dyspnoe, Husten etc.) und arbeitsplatzbedingter Exposition zu erkennen. Beim immunologisch vermittelten Asthma können die Beschwerden gleich zu Beginn der Schicht, gegen Ende des Arbeitstages oder sogar erst am Feierabend auftreten. Am Wochenende oder im Urlaub lässt die Symptomatik eines allergisch vermittelten Asthmas in der Regel nach. Wenn die Erkrankung durch hochmolekulare Stoffe ausgelöst wird, liegt oft gleichzeitig eine Rhinitis vor.
Besteht aufgrund der Anamnese der Verdacht auf ein berufsbedingtes Asthma, sollte dieser unverzüglich durch entsprechende Untersuchungen abgegeklärt werden – am besten, solange der Patient noch am gewohnten Arbeitsplatz tätig ist. Neben einer Beurteilung der klinischen Symptomatik braucht man dazu auch eine allergologische Diagnostik (Hauttests, spezifische IgE-Antikörper im Serum).
Asthma-Diagnostik ist auch vor Ort möglich
Die Dokumentation symptomatischer, funktioneller und inflammatorischer Veränderungen bei Exposition gegenüber verdächtigen Substanzen erfolgt am Arbeitsplatz, im Labor oder im Rahmen spezifischer Provokationstests. Die Diagnose eines nicht immunologisch vermittelten Berufsasthmas beruht auf einer entsprechenden Anamnese (Exposition gegenüber hohen Konzentrationen an Stoffen mit bekannten irritativen Eigenschaften wie z.B. bestimmte Rauche, Gase oder Dämpfe) in Verbindung mit dem Nachweis einer Atemwegsobstruktion oder einer Hyperreagibilität der Atemwege.
Wie lässt sich ein allergeninduziertes Berufsasthma verhindern? Primärpräventiv sollte auf sensibilisierende Substanzen am Arbeitsplatz verzichtet werden, wenn sicherere Alternativen zur Verfügung stehen (statt Latexhandschuhen solche aus Nitril verwenden etc.). Leider können die sensibilisierenden Substanzen oft nicht einfach ersetzt werden. In solchen Fällen versucht man zumindest, das Ausmaß der Exposition zu reduzieren.
Sensibilisierungsrisiko am Arbeitsplatz minimieren
Manchmal lässt sich das Sensibilisierungsrisiko auch durch eine Änderung der physikalischen oder chemischen Form des Allergens senken, in dem man z.B. weniger flüchtige Zubereitungen oder polymerisierte Produkte einsetzt. Wichtig sind zudem Schulungen, um die Arbeitnehmer über das Risiko und mögliche Schutzmaßnahmen zu informieren. Dies hat sich z.B. in Bäckereien oder in Tierlaboratorien als sehr effektiv gezeigt.
Als Sekundärprophylaxe bezeichnen die Autoren die Früherfassung von Symptomen bei Arbeitnehmern, die asthmaverursachenden Substanzen ausgesetzt sind. So sollten Beschäftigte an Risiko-Arbeitsplätzen regelmäßig Fragebögen ausfüllen, in denen Atemwegsprobleme abgefragt werden. Ergeben sich dabei entsprechende Hinweise, erfolgen dann spirometrische und immunologische Untersuchungen.
Wird bei symptomatischen Arbeitnehmern die Asthmadiagnose gestellt, sollte die Exposition beendet werden – solange die Erkrankung noch leicht ausgeprägt ist. Die Tertiärprophylaxe besteht dann in adäquater medikamentöser Therapie und der Vermeidung von weiterer Exposition z.B. durch Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz.
Asthma persistiert trotz Allergenkarenz oft lange
Die kanadischen Kolleginnen weisen darauf hin, dass bei ungefähr 70 % der Patienten mit berufsbedingtem Asthma die Symptomatik und bronchiale Hyperreagibilität trotz Expositionskarenz persistiert – oft sogar über Jahre. Die klinischen Ergebnisse sind am besten, wenn die Diagnose früh gestellt und die Exposition unterbunden wird und wenn das Asthma nur leicht ausgeprägt ist.
Wie das durch Irritanzien ausgelöste Berufsasthma verhindert werden kann, darüber gibt es bisher nur wenig Daten. In den gesicherten Fällen ging meist eine akzidentelle Exposition voraus. Deshalb sollte der Arbeitsplatz so gestaltet werden, dass es nicht unbeabsichtigt zum Kontakt mit irritativen Substanzen kommt. Dazu zählen Maßnahmen wie Belüftung, Schulungen der Belegschaft zum Thema Arbeitssicherheit und – wenn nötig – das Tragen einer Atemschutzmaske.
Susan M. Tarlo et al., N Engl J Med 2014; 370: 640-649
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