Bei der ambulant erworbenen Pneumonie ist der State of the Art im Wandel

Stefanie Menzel

Welche Antibiotika bei einer ambulant erworbenen Pneumonie infrage kommen, ist nicht für alle Zeiten in Stein gemeißelt. Welche Antibiotika bei einer ambulant erworbenen Pneumonie infrage kommen, ist nicht für alle Zeiten in Stein gemeißelt. © mitsyko1971 - stock.adobe.com

Welche Antibiotika bei einer ambulant erworbenen Pneumonie infrage kommen, ist nicht für alle Zeiten in Stein gemeißelt. Aktuell führen Studiendaten zu einem Umdenken hinsichtlich der Gabe von Makroliden und Clindamycin.

Makrolide gehören definitiv zur Therapie der schweren Pneumonie. Aber soll man sie auch in mittelschweren Fällen geben? Empfehlungen dazu beruhten bislang auf einer eher dünnen Datenlage, erklärte Prof. Dr. Jessica Rademacher von der Medizinischen Hochschule Hannover. Nun hat eine aktuelle Studie aus Griechenland neue Ergebnisse geliefert.

Teilnehmende waren 278 Erwachsene, die mit einer ambulant erworbenen Pneumonie (CAP) hospitalisiert wurden. Zu den Einschlusskriterien gehörten außerdem ein erhöhter SOFA*-Score von ≥ 2 und ein Procalcitonin-Wert ≥ 0,25 ng/ml. Jeweils die Hälfte der Patientinnen und Patienten erhielt zusätzlich zu Cephalosporin oder einem β-Laktamaseinhibitor entweder Clarithromycin oder Placebo.

Nach 72 Stunden zeigte sich ein klarer Vorteil für die Hinzugabe von Clarithromycin, so die Referentin. Bei 91 mit dem Verum Behandelten war der Schweregrad der respiratorischen Symptome um mindestens 50 % und der SOFA-Score um mindestens 30 % zurückgegangen. In der Placebogruppe erreichten nur 51 Personen diesen zusammengesetzten primären Endpunkt. Die Rate an schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen war ähnlich.

Insbesondere Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer CAP schwerer erkranken, profitieren von der Hinzugabe eines Makrolids. Neben der antibiotischen Wirkung hat man unter der Therapie auch einen antiinflammatorischen Effekt gesehen, betonte die Referentin. Einschränkend ergänzte sie, dass das Makrolid in der Studie – anders als in Deutschland üblich – über sieben und nicht nur über drei Tage gegeben wurde. Das werfe wiederum andere Fragen auf.

Braucht man Wirkstoffe gegen Anaerobier wirklich?

Ambulant erworben ist meist auch die Aspirationspneumonie. Zur Behandlung wird die Kombination aus einem Aminopenicillin und einem Beta-Laktamaseinhibitor empfohlen. Alternativ kommt (z.B. bei Verdacht auf Penicillinallergie) die Kombi Cephalosporin plus Clindamycin zum Einsatz. Mit Letzterem möchte man explizit die Anaerobier berücksichtigen. Doch Prof. Rademacher zieht den Sinn eines anaerob wirksamen Antibiotikums bei hospitalisierten Erkrankten in Zweifel.

In einer multizentrischen retrospektiven Kohortenstudie erhielt ein Teil der fast 4.000 Patientinnen und Patienten eine antibiotische Therapie, die auch Anaerobier addressiert (z. B. Amoxicillin-Clavulansäure oder Cephalosporin plus Clindamycin). Die übrigen bekamen ein Regime, das diese Bakterien nicht berücksichtigt. Wie sich zeigte, bestehen keine Unterschiede zwischen den beide Vorgehensweisen hinsichtlich der Sterblichkeit (32,1 % vs. 30,3 %) oder des Risikos für eine Clostridioides-difficile-Kolitis (1,1 % vs. 0,2 %). „Es hat also keinen Vorteil gebracht, das Clindamycin hinzuzunehmen,“ so die Referentin. Dies sei wichtig für die Praxis. Denn wenn man bei einer Aspirationspneumonie Amoxicillin-Clavulansäure gebe, sei es das, was empfohlen wird. Bei einer tatsächlichen Penicillinallergie müsse man sich andererseits keine Gedanken um die potenzielle Erfassung der Anaerobier machen. Diese Erkenntnis werde sich im nächsten Leitlinien-Update auf die entsprechenden Empfehlungen niederschlagen.

* Sequential Organ Failure Assessment

Quelle: Pneumologie-Update-Seminar

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