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Gut gerüstet gegen die Pneumonie

Sorgen bereiten Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie (CAP), die in der Klinik landen. „Die stationäre Letalität beträgt 10–14 % und damit deutlich mehr als beim Myokardinfarkt, und sie ist seit Jahrzehnten unverändert“, sagte Prof. Dr. Martin Witzenrath, Charité – Universitätsmedizin Berlin. Fortschritte im Kampf gegen diesen Missstand sind aktuell auf mehreren Gebieten zu verzeichnen.
RSV-Impfstoffe
Noch in diesem Jahr dürfte ein erster Vertreter von RSV-Vakzinen auf den deutschen Markt kommen. RSVPreF3 OA (Older Adults) basiert auf dem RSV-Präfusionsprotein F und wurde an fast 25.000 Probanden gegen Placebo geprüft. Eine Impfung reduzierte die Rate schwerer PCR-bestätigter RSV-Infektionen in der aktuell veröffentlichten Phase-3-Studie1 um knapp 95 % und die unterer Atemwegsinfektionen um fast 83 %. Weitere RSV-Impfstoffe sind in der Entwicklung.
Antibiotika
Neues gibt es endlich auch von der Antibiotikafront zu berichten – höchste Zeit angesichts der Ausbreitung multiresistenter Keime, welche Liegezeiten und Behandlungskosten erhöhen und jährlich mindestens 6.000 Todesfälle verursachen. 27 Antibiotika befinden sich aktuell in den Pipelines oder wurden kürzlich eingeführt. Das klingt viel, relativiert sich aber angesichts der Tatsache, dass nur sechs von ihnen neuartig genug sind, um Resistenz zu überwinden, und nur zwei zu neuen Wirkstoffklassen gehören, so Prof. Witzenrath.
Zwei neuartige Antibiotika sind bereits zugelassen
Das ist zum einen der Betalaktamase-Inhibitor Vaborbactam, der speziell Carbapenemasen hemmt, zusammen mit Meropenem („Vaborem“) verabreicht wird und dessen Wirksamkeit gegen Problemkeime steigert. Zum anderen geht es um Lefamulin, den ersten Vertreter der Pleuromutilin-Antibiotika. Die Substanz blockiert die Proteinsynthese und damit die Vermehrung der Bakterien. Vaborem ist seit 2022 zugelassen, Lefamulin bereits seit 2020. Dass sich im Antibiotikabereich etwas tut, ist Prof. Witzenrath zufolge zwar ein Grund zur Freude. Trotzdem müsse man überlegen, welche Alternativen es gibt.
Bakteriophagen
Eifrig diskutiert wird die Bakteriophagentherapie, die gut wirksam zu sein scheint. Noch sind allerdings jede Menge Herausforderungen zu meistern, bevor ein Routineeinsatz denkbar wird. Zum einen braucht man eine möglichst schnelle Erregerdiagnostik und entsprechende Bakteriophagenbiobanken. Zum anderen müssen bei der Entwicklung der Therapie Barrieren wie Biofilm und Mukus überwunden und mögliche Interaktionen mit dem Immunsystem berücksichtigt werden. Darüber hinaus sind technische und logistische Probleme (Herstellung, Stabilität, Transport) zu bewältigen. Schließlich geht es um rechtliche Aspekte: Phagen werden vermutlich kaum patentierbar sein, für das Zulassungsprozedere derartiger Präparate existiert bislang keine Blaupause. Immerhin geht das Charité-Projekt Phage4Cure im Herbst in die „First-in-Man“-Phase, startet also Sicherheitsprüfungen an Gesunden.
Lysine
Eine andere derzeit erprobte Option sind Lysine, die ihre Wirkung schnell und direkt entfalten. „Gibt man ein solches Lysin auf Bakterien, sehen Sie innerhalb von fünf Minuten nur noch bakterielle Geister“, erzählte der Pneumologe. Im Tiermodell überlebten 100 % der mit Pneumokokken infizierten Mäuse, die Lysin systemisch erhalten hatten, und 80 % bei inhalativer Applikation, aber kein einziges Tier ohne Therapie. Eine Phase-2-Studie an Patienten mit S.-aureus-Bakteriämie verlief nicht ganz so beeindruckend, die Responserate bei MRSA betrug jedoch zumindest 74 % (vs. 31 % bei Placebo). Die Phase-3-Studie musste allerdings vorzeitig beendet werden, weil die Interimsanalyse bei reinen MRSA-Patienten keine Effekte gezeigt hatte. Man wird sehen, ob sich das Konzept weiterentwickeln lässt.
Antivirale Therapie
In der antiviralen Therapie erscheint der MEK-Inhibitor Zapnometinib vielversprechend. Dieser Ansatz hat den Charme, dass er nicht nur die virale Replikation unterdrückt. Zusätzlich fördert er die interferongestützte antivirale Response und reduziert proinflammatorische Zytokinsignale, die bekanntermaßen schwere Verläufe induzieren.
MEK-Inhibitor wirkt bei schwerem COVID-19
Erste klinische Daten zu hospitalisierten COVID-19-Patienten zeigen eine gute Wirksamkeit vor allem bei schweren, nicht durch Omikron verursachten Infektionen, eine weitere Phase-2-Studie zu Influenza könnte demnächst starten.
Biologika und CFTR-Modulatoren
Schließlich berichtete Prof. Witzenrath über neue Ansätze für die adjunktive Therapie, von denen vor allem die Komplementinhibition und die CFTR-Verstärkung Potenzial zu haben scheinen. Der C5a-Antikörper Vilobelimab hat in einer kleinen klinischen Studie zu COVID-19 die 28-Tage-Mortalität um rund ein Viertel gesenkt (absolut fast 10 %). Es steht zu hoffen, dass das auch bei Nicht-COVID-19-Pneumonien funktioniert. Die aus der Mukoviszidosetherapie bekannten CFTR-Modulatoren werden ebenfalls erprobt. Im Labor hat sich gezeigt, dass sie bakterieninduzierte Endothellecks und daraus resultierende interstitielle Ödeme verhindern können. Bei Mäusen funktioniert das sehr gut, Humandaten gibt es noch nicht.
Quelle: Kongressbericht 63. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
1. Papi A et al. N Engl J Med 2023; 388: 595-608; doi: 10.1056/NEJMoa2209604
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