Bei Dyspareunie immer auch nach psychosexuellen Problemen fragen

Mit einer geschätzten Inzidenz von 7,5 % der sexuell aktiven Frauen ist die Dyspareunie ein häufiges, wenngleich bisher eher wenig verstandenes Symptom, schreiben Nikki Lee und Kollegen vom St. Thomas’ Hospital in London. Als Auslöser kommen physische und psychosexuelle Probleme infrage. Doch nur selten lassen sich beide Bereiche sauber voneinander trennen, sodass sich eher eine ganzheitliche und auf den Einzelfall zugeschnittene Herangehensweise empfiehlt.
Probleme ergeben sich allerdings bereits bei der Adressierung der Symptome. Einige Frauen sprechen zwar den Sexualschmerz offen an, bei einigen verbirgt er sich jedoch zunächst z.B. hinter verpassten Terminen zur Krebsvorsorge oder Unzufriedenheit mit kontrazeptiven Maßnahmen. Hier sollten Sie mit offenen, nicht wertenden Fragen vorsichtig nachhaken – auch wenn ein solches Gespräch nicht immer leichtfällt.
Wichtig für das weitere Vorgehen ist die Frage nach dem zeitlichen Auftreten der Schmerzen. Ein plötzlicher Beginn spricht eher für einen psychosexuellen Hintergrund, sich langsam verstärkende Beschwerden weisen eher auf physische Ursachen hin.
Regelmäßige perineale Massage mit Öl kann helfen
Gynäkologische Befunde und Fragen zu möglichen Partnerschaftsproblemen liefern weitere Informationen zur Ätiologie. Die körperliche Untersuchung wird sich beim Hausarzt meist auf die abdominelle Palpation zum Ausschluss von raumfordernden Prozessen im Beckenbereich beschränken. Bei Verdacht auf körperliche Ursachen (s. Kasten) empfiehlt sich die Überweisung zum Frauenarzt.
Mögliche körperliche Ursachen
- Reproduktives Alter: Herpes simplex oder rezidivierende Infektionen mit Candida, irritative oder allergische Dermatitis der Vulva, Vaginismus, Bartholin-Zyste oder -Abszess
- Peri- oder postreproduktives Alter: Vaginalatrophie, Vaginismus, Dermatosen der Vulva (z.B. Lichen sclerosus), Dermatitiden der Vulva (z.B. irritativ auch im Rahmen einer Harninkontinenz)
- Seltener: iatrogen (z.B. perineale und genitale Traumen), Neuropathien, Neoplasien der Vagina oder Vulva
- Endometriose, raumfordernde Prozesse im Beckenbereich, Beckenboden-Dysfunktionen, chronisch entzündliche Darmerkrankung, Reizdarm
Dermatosen drei Monate mit topischen Steroiden behandeln
Lichen sclerosus oder andere Vulvadermatosen sprechen meist gut auf topische Kortikosteroide an. Die Behandlung erfolgt über drei Monate mit zunächst täglicher Applikation, die dann alle zwei Tage und abschließend zweiwöchentlich ausgeschlichen wird. Bei Therapieresistenz steht die Überweisung zum Facharzt an. Schwieriger gestaltet sich die Sache bei überwiegend psychosexuellen Ursachen. Ein guter Ansatzpunkt sind Fragen zu den Umständen des Beschwerdebeginns. Das weitere Gespräch hilft erfahrungsgemäß vielen Frauen schon, sich das Problem bewusst zu machen und selbstständig weitere Schritte einzuleiten. Ansonsten bietet sich vor allem bei starkem Leidensdruck die Überweisung in eine psychosexuell orientierte Spezialpraxis an.Quelle: Lee NMW et al. BMJ 2018; 361: k2341
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